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Berlin: Schlicht schlemmen

ist die Devise von Stephan Garkisch, seines Zeichens Koch im Schöneberger Restaurant Bieberbau. Er serviert mit seinem Kompagnon Max Stoll eine Economy-Version der aktuellen Hochküche - immer ein wenig von mediterranen Motiven inspiriert, aber nie platt italienisch. Garkischs Menü lebt von viel Gemüse und frischen Kräutern.

ALLES FRISCH! JUNGE SPITZENKÖCHE SERVIEREN FRÜHLINGSMENÜS (4)

Wer den Optimismus von Stephan Garkisch und seinem Kompagnon Max Stoll spürt, der fragt sich zwangsläufig: Wo, bitte, ist denn hier die Gastronomiekrise? Mit Enthusiasmus, handwerklichem Geschick und vernünftiger Kalkulation ist es heute immer noch möglich, genügend Gäste anzulocken. Jedenfalls wenn die Rahmenbedingungen stimmen, und das tun sie im „Bieberbau“ garantiert. Das Schöneberger Gasthaus, gleich beim ehemaligen Rias um die Ecke, ist eine Berliner Institution; kaum jemand, der in den siebziger Jahren in der Stadt aufgewachsen ist und Spaß an gutem Essen hat, kennt es nicht. Die Durlacher Straße war damals, was man heute eine Gourmet-Meile nennen würde: Neben dem Bieberbau gab es die Elsässer Taverne und gleich ums Eck noch die Zwiwwel-Weinstuben. Spezialitäten: Zwiebelsuppe und Zwiebelkuchen, Schnecken in Kräuterbutter, Filet auf Toast, Salate. Heruntergespült wurde mit saurem Edelzwicker, an hohen Feiertagen auch mit Beaujolais.

Dass heute gerade der Bieberbau in edlere kulinarische Regionen vorstößt, hat sicher damit zu tun, dass die erstaunliche Einrichtung so attraktiv ist. Der ehemalige Ausstellungsraum des Stuckateurmeisters Richard Bieber, entstanden um 1894, ist ein verrücktes Kleinod, längst denkmalgeschützt und einzigartig in seiner Gestaltung. Zwischen den dicken Fachwerkbalken finden sich in Gips reiche Landschaftsszenen, Tiere und Pflanzen in großer Auswahl, genug zu sehen also, wenn es mal etwas länger dauern sollte. Doch unabhängig von den einzelnen Details stimmt vor allem der Gesamteindruck: So stimmig stellt man sich eine klassische Weinstube aus der Zeit vor der Design-Moderne vor.

Als Garkisch und Stoll den Betrieb 2003 übernahmen, hatten sie allerdings weit mehr als eine Weinstube im Sinn. Beide hatten viel Erfahrungen in der Top-Gastronomie gemacht, beispielsweise in ihrer gemeinsamen Zeit beim Sternekoch Jürgen Schneider in Schriesheim bei Heidelberg. Und das waren zu viele Erfahrungen, um einfach weiter Salat und Zwiebelkuchen aufzutischen. Nur sollte es eben auch keine Luxusküche sein, denn davon gibt es in Berlin gegenwärtig genug.

Der Rest ergab sich. Die Kücheneinrichtung des neuen Bieberbaus wurde gewissermaßen als Economy-Version der aktuellen Hochküche konzipiert. Zander statt Steinbutt, Ravioli statt Hummer, Kalbsbacke statt Gänseleber , immer ein wenig von mediterranen Motiven inspiriert, aber nie platt italienisch. Und mit Gemüsen wie Chicoree und Schwarzwurzeln, die in der Edelgastronomie nur als Ornament vorkommen. Drei Gänge unter 30, vier unter 40 Euro, dazu preiswerte Weine guter Qualität – mehr braucht es nicht, um erfolgreich zu sein. Garkisch und Stoll haben den Zeitgeist getroffen. Mehr ist in einem halben Jahr unmöglich zu erreichen.

Bieberbau, Durlacher Str. 15, Wilmersdorf. Geöffnet täglich außer Dienstag ab 18 Uhr, Tel. 8532390, Reservierung ratsam; keine Kreditkarten.

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