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Gibt schon was her.

© Manfred Thomas

Schlössernacht: Heute strahlt Potsdam wieder

Musik bis um zwei Uhr und Feuerwerk nach Mitternacht: Die Potsdamer Schlössernacht findet an diesem Wochenende statt und gibt sich moderner. Um 17 Uhr geht es los.

Eine Schlössernacht hatte Friedrich II. gar nicht nötig. Er war hier zu Hause und konnte feiern, wann und wo er wollte. Als das prächtige Neue Palais 1769 fertig war, umso mehr, zur Einweihung sozusagen, spielte man im Schlosstheater ein Oratorium. Ab 1770 ließen es die Herrschaften zweimal im Jahr so richtig krachen. Dann kam die Familie aus halb Europa angereist, um sich in Potsdam zu vergnügen.

Der Unterschied zur Schlössernacht: Musiziert und getanzt wurde damals drinnen. Im barocken Schlosstheater, in den vielen repräsentativen Sälen. Erst nach dem Konzert trat man beseelt hinaus an die frische Luft. Und erfreute sich – das ist dann wieder ganz Schlössernacht – an einer außergewöhnlichen, opulenten Beleuchtung. Park und Wege waren mit Windlichtern ausgeleuchtet, unter den Kolonnaden standen Tausende Kerzen und Laternen. „Ein riesiger Aufwand“, sagt der Potsdamer Historiker und Preußen-Experte Jürgen Luh. Sehen konnten das nur geladene Gäste.

Sehr modern waren damals Feuerwerke, die Bildmotive in den Himmel zauberten, vielleicht irgendetwas aktuelles, einen Vulkanausbruch, eine militärische Schlacht, sagt Luh. Oft seien die Feuerwerker sogar ehemalige Artillerie-Offiziere gewesen, die eben gut mit der Pyrotechnik umgehen konnten. Manchmal sei das wohl auch ein angenehmer Ausstieg aus dem gefährlichen Job auf dem Schlachtfeld gewesen.

Historische Spiele und Lesungen

Einmal im Jahr sollen sich die Gäste im Park Sanssouci nun doch ein bisschen wie zu Hause fühlen und werden mit Einbruch der Dunkelheit nicht von den Parkwächtern zum Ausgang gebeten. Die Parkbesucher dürfen sich dem geheimnisvollen, bei Nacht noch unübersichtlicheren Gartenreich hingeben. Vor allem aber wird sich verlustiert. Während früher allerhöchstens Friedrich selber den Park in seiner Gänze ausnutze, wenn er dort ausritt, findet die Schlössernacht überall statt. Kleine und große Ensemble musizieren, tanzen und spielen Theater, lebendige Statuen, Gaukler und als historische Figuren verkleidete Schauspieler mischen sich unters Volk. Mit dem großen Konzert am Freitagabend sollte das 18. Schlössernachtwochenende beginnen, mit anschließendem Musikfeuerwerk.

Die lange Samstagnacht beginnt um 17 Uhr. Die diversen Programmpunkte sind in diesem Jahr nach Themenwelten sortiert. Die barocke Welt findet sich rund um Schloss Sanssouci. Dort wandeln Lustknaben und Hofdamen, es finden barocke Tanzstunden und szenische Fechtvorführungen statt. Auf den Jubiläumsterrassen der Orangerie findet man „Musik der Träume“, vor allem Konzerte der klassischen Akustikgitarre mit Erik Elias und David Sick. „Grenzenloses Spiel und  Musik“ ist das Motto der Angebote am Botaniktor, mit Klängen von Klezmer bis Kolumbianisches. Auf der Maulbeerallee können historische Spiele ausprobiert werden. „Poetische Welten“, zum Beispiel Lesungen und Musik mit der Schauspielerin Jasmin Tabatabai, findet der Besucher am Freundschaftstempel; Roger Stein reimt auf dem Holzplatz, wo es auch Musik der 30er mit Nimmersatt gibt, und am Ökonomieweg wird Theater in verschiedenen Formen gespielt.

Neues Konzept soll Besucher anlocken

Das Heckentheater am Neuen Palais wird zum Ruhepol, in dem allerdings eine Bildershow zu Friedrich II. läuft. Auf der Mopke geben sich bis nach Mitternacht die Livebands die Klinke in die Hand. Mit dabei die Lounge Society, Carisma mit ihrer ganz eigenen Version klassischer Gitarre, Katha Gerard mit ihrer Eletrogeige sowie Barbara Helfgott mit Band Rondo Vienna: Die Wienerin vermischt und arrangiert Klassik und Pophits zu neuen Klangwelten. Eine halbe Stunde nach Mitternacht findet hier das zweite Feuerwerk der Schlössernacht statt, Musik gibt es bis 2 Uhr morgens.

Wer mehr über das Umfeld und den Hintergrund der Schlössernacht wissen will, kann an verschiedenen Führungen teilnehmen. Von 17.30 bis 22 Uhr finden wiederholt thematische Kurzführungen durch Gebäude und Gartenanlagen statt. So geht es durch Friedrichs Obstgarten, auf den Klausberg und Winzerberg, es geht entlang der Orangerie und Neuen Kammern. Der Schirrhof wird erkundet, das Stibadium im Paradiesgarten und die Neptungrotte mit ihrer historischen Wassertechnik. In der Parkgärtnerei wird die Aufzucht historischer Blumen erklärt. Und Kinder werden vom Schlossdrachen durch das Chinesische Haus geführt.

Der Veranstaltungsagentur, die Wohlthat Entertainment GmbH, hofft, mit dem neuen Konzept wieder mehr Besucher für die jahrelang ausverkaufte Schlössernacht zu gewinnen. Zuletzt blieben die Veranstalter auf Tausenden der nicht gerade günstigen Karten sitzen: Auch in diesem Jahr gibt es noch Karten.

Eintrittskarten für die Schlössernacht am Sonnabend gibt es für 48 Euro an den Abendkassen (Mopke Süd , Schloss Charlottenhof, Kuhtor, Grünes Gitter, Obelisktor, Schloss Sanssouci, Lindstedter Tor). Kinder bis 14 Jahre frei. Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird empfohlen. Samstag kommt man mit der Regionalbahn bis Bahnhof Park Sanssouci, mit der Tram 91 und 94 bis Luisenplatz und Schloss Charlottenhof. Bei Bedarf fahren diese Linien verstärkt. Die Tram 91 fährt nachts bis 2.30 Uhr ab Schloss Charlottenhof zum Hbf, Tram 99 vom Platz der Einheit nach Babelsberg. Nach dem Feuerwerk, ca. 0.45 Uhr, fahren Sonderwagen Richtung Innenstadt, Kirchsteigfeld und Waldstadt. Zwischen dem Parkplatz am Volkspark und Schloss Sanssouci fährt ein kostenloser Shuttle. Erwartet werden 30 000 Besucher. Nicht wundern bei der Anfahrt: Am Sonnabend spielt der Fußballverein Babelsberg 03 im Karl-Liebknecht-Stadion gegen den Erstligisten SC Freiburg im DFB-Pokal.  spy

Steffi Pyanoe

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