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Berlin: Schnuppern an geweihten Orten

„Aber schön war es doch, und ich möcht’ es noch ein Mal erleben..

„Aber schön war es doch, und ich möcht’ es noch ein Mal erleben...“ Hildegard Knefs rauchige Stimme klingt aus dem Lautsprecher, während der Bus den Ku’damm entlangfährt. Heimweh hatte sie nach dem Boulevard, nun kann sie ihn nicht mehr besingen – am 1. Februar ist sie verstorben. So weit ist Markus Hagel aber noch nicht mit seinen Erzählungen über die Knef, die er bei einer Stadtrundfahrt vorstellt.

„Hildegard Knef – Berliner Stationen eines Weltstars“ heißt das Angebot der Firma, die Inhaber Peter Weiss bei der Gründung im November 2000 neudeutsch „Berlin Starting Point“ nannte. An der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche starten die Stadtführungen und Rundfahrten für Gruppen, mit denen Weiss „Lust auf Berlin“ machen will. Das bisherige Feedback sei gut, sagt er, zehn „Guides“ seien derzeit im Einsatz. Einer der zehn Stadtführer ist Markus Hagel.

Zwanzigmal ist Hildegard Knef in Berlin umgezogen, hat er beim Stöbern in Archiven herausbekommen. Zeigen kann er davon nicht mehr alle Adressen – viele fielen im Krieg in Schutt und Asche. Zuletzt wohnte sie in Kleinmachnow. Die Wohnung gibt es noch – dass sie nicht angefahren wird, macht das Starting-Point-Angebot sympathisch – zu voyeuristisch wäre es, an der Wohnung des Witwers Paul von Schell mit Touristen vorbeizufahren.

Echten Fans genügt das Schnuppern an dem einen oder anderen geweihten Ort, auf dem die Knef in ihrem 76-jährigen Leben den Fuss setzte. In der Frobenstraße meint man die kleine Hilde zu sehen, wie sie winters ihren geliebten Großvater im Haus Nummer 13 besucht. Im Sommer ist sie noch lieber draußen bei ihm in Zossen – dort kann sie sich im Garten nach Herzenslust mit Äpfeln vollstopfen. Aus dem Lautsprecher spricht die Knef jetzt eine Liebeserklärung an den Großvater. Doll – wie der Berliner sagt – ist Hildekinds Kindheits-Kiez in Schöneberg nicht. „Hier ist Berlin die Frau mit der Schürze“, heißt es in einem Lied der Knef.

Die wurde in Ulm geboren und kam als Säugling in die Schöneberger Sedanstraße, die heute Leberstraße heißt. Hier wurde auch die Dietrich geboren, zu der die Knef später ein fast schwesterliches Verhältnis hatte. Große Töchter Berlins habe Wowereit beide genannt, wird im Bus der Regierende zitiert. Öffentlich angegriffen wurde die Knef oft in ihrem Leben. Dass deren nur Sekunden nackte „Sünderin“ seinerzeit einen Skandal auslöste, weiß der Knef-Fan natürlich. Dass die junge Schauspielerin 1945 in der „Tribüne“ als Gage ein Brot bekam, vielleicht aber noch nicht.

Am liebsten aß sie Seezunge – an dem Lieblings-Italiener der Knef in der Clayallee fährt der Bus in diesen zwei Stunden auch vorbei. Fans sollte die Spurensuche 27 Euro wert sein – dafür holt der Starting-Point-Mann fast alles über die Knef heraus. Von der Besohlanstalt des Stiefvaters in der Bernhardstraße 7 erzählt er; einer der Kunden war General Paulus – das soll den unvorsichtigen Stiefvater zur Hitlerzeit geschützt haben. Auch von der aus den USA mitgebrachten weißen „Schneegans“ ist zu hören, mit der die Knef über den Ku’damm fuhr; von der Hochzeit 1977 mit Paul von Schell, bei der sich die Braut zuerst auf das falsche Standesamt verirrte und auch von den schier endlosen Krankheiten der Hildegard Frieda Albertine auf ihrem „Weg nach unten“, wie die Knef im Lied ihr Leben selbst besang.

Rote Rosen besang sie – dabei soll sie die nicht gemocht haben. An ihrer letzten Adresse liegen sie immer frisch. Hildegards Knefs letzte Adresse ist bei der Rundfahrt die schönste – ihr Grab auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof. Heidemarie Mazuhn

Die nächste Knef-Stadtrundfahrt startet am 18. Mai um 13 Uhr an der Gedächtniskirche. Reservierung unter: 6272 1303.

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