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Berlin: Schöffe Gnadenlos darf auf die Richterbank

Landgericht sieht keinen Grund, den 64-Jährigen abzuberufen. Er hatte öffentlich härtere Strafen gefordert. Anwälte kritisieren die Entscheidung

Die Kampfansage des Schöffen Bernd Ramm gegen die „Laschheit der Berliner Justiz“ bleibt zunächst folgenlos: Der 64-Jährige, der am Dienstag per Zeitungsanzeige angekündigt hat, dass er sich für härtere Strafen einsetzen wird, darf auf die Richterbank. Eine Prüfung habe ergeben, dass keine Voraussetzungen für eine Streichung von der Schöffenliste vorlägen, sagte gestern ein Sprecher des Berliner Landgerichts. Nur im Einzelfall, also in einem konkreten Strafverfahren könne auf Antrag eines Angeklagten, der Staatsanwaltschaft oder der Nebenklage geprüft werden, ob ein Richter oder Schöffe möglicherweise befangen ist.

Damit kann der Medizinphysiker Bernd Ramm, der seit 1. Januar Schöffe beim Landgericht ist, sein Ehrenamt antreten. Zur ersten Verhandlung mit dem 64-Jährigen wird es voraussichtlich am 4. Februar kommen. Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger reagierte empört und forderte das Landgericht zur Abberufung des Schöffen auf. „Ein Laienrichter, der sich derart pauschal ohne Ansehung des Einzelfalles und der Person des jeweiligen Angeklagten die Durchsetzung harter Bestrafung auf die Fahne schreibt, ist als Schöffe nicht tragbar“, hieß es in einer Erklärung. Die Vermutung liege nahe, dass der Schöffe Ramm zu einer objektiven Beurteilung des Einzelfalles gar nicht mehr in der Lage ist.

Ramm rief in der Anzeige zum „Kampf gegen das gutmenschliche und sozialromantische Agieren der deutschen Hochmoral“ auf. Er plädierte für härtere Strafen und führte beispielhaft ein angebliches, nach seiner Ansicht zu mildes Urteil gegen einen Sexualstraftäter an. Dieses Urteil habe ihn derart empört, dass er sich als Schöffe beworben habe, sagte Ramm. Bei „moralisch verwerflichen Verbrechen“ müsse härter bestraft werden. „Ob der Täter eine schlechte Jugend hatte – das ist tragisch, aber interessiert mich nicht so sehr.“ Er jedenfalls wolle nicht wie „Buddha“ auf der Richterbank sitzen. „Ich will etwas bewegen.“ Für Anwälte steht bereits fest: „Der wird doch in jedem Prozess als befangen abgelehnt.“

Kerstin Gehrke

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