Name: Rainer Strauch („Shanti“)
Alter: 76
Beruf: Rentner und Student, früher Elektroingenieur
Bevor ich als Weihnachtsmann eine Familie besuche, telefoniere ich erst einmal mit den Eltern. Die erzählen mir dann etwas über ihre Kinder. Das schreibe ich in mein goldenes Buch. Allerdings halte ich mich während der Bescherung nicht immer an das, was darin steht. Wenn ich das Gefühl habe, dass es besser für das Kind ist, sage ich auch mal das genaue Gegenteil von dem, was die Eltern hören wollen. Das kommt bei denen meistens nicht gut an, aber ich fühle mich besser dabei.
Ein Beispiel? Nun, einmal war ich bei einer Familie mit drei Kindern, zwei Jungs und ein Mädchen. Alle drei haben in der gleichen Mannschaft Fußball gespielt. Die kleine Schwester stand im Tor, die Jungs waren im Sturm. Nun wollte das Mädchen aus dem Tor heraus aufs Feld. Die Eltern verlangten von mir, dem Mädchen ins Gewissen zu reden, dass sie im Tor bleiben soll. Die Begründung: Sie habe keine Spieltechnik, weil sie immer nur im Tor gestanden habe, und wenn sie nun aufs Feld ginge, würde das ganze Team absacken.
Als ich mit der Familie um den Baum saß, merkte ich, dass die kleine Schwester völlig verschüchtert war. Ich habe also genau das Gegenteil gesagt: „Ich habe gehört, dass du dir zu Weihnachten wünschst, aus dem Tor herauszukommen. Das finde ich toll. Man sollte alle Positionen mal ausprobiert haben.“ Die Brüder forderte ich auf, ihre Schwester dabei zu unterstützen. Vielleicht könne einer von ihnen ins Tor gehen. Das Mädchen war völlig perplex und froh, dass jemand sich für sie einsetzte. Das sind die Sternstunden, wenn ich in so einem Moment die richtigen Worte finde.
Als Weihnachtsmann nennen mich alle Shanti. Den Namen habe ich in einem Buddhistischen Kloster in Sri Lanka bekommen. Dort war ich einige Jahre Mönch und bin danach noch ein Dreivierteljahr als Mönch durch Europa gereist. In dieser Zeit habe ich ohne Geld gelebt und war auf die Fürsorge meiner Mitmenschen angewiesen. Ein buddhistischer Mönch darf nur Nahrung, Kleidung und Wohnraum annehmen, kein Geld. Auch darf man nicht nach Essen fragen, die Menschen müssen es von sich aus anbieten. Das funktioniert wunderbar, ich habe keinen Tag gehungert. Die Zeit war eine tolle Übung. Ich habe gelernt, bei mir zu sein, das gibt Sicherheit und Stabilität. Diese Sicherheit möchte ich auch als Weihnachtsmann ausstrahlen.
- Was Miet-Weihnachtsmänner am Heiligabend erleben
- "Dann puste ich etwas Goldstaub durch die Gegend"
- "Erstmal wird der Fernseher ausgemacht"
- "In Berlin herrscht Weihnachtsmann-Knappheit"
- "Ich glaube an Engel"
- "Weihnachtsmänner gehen nicht zur Toilette"
- "Ich binde mir Pullover um den Bauch, um dicker zu wirken"
- Und zum Schluss: 24 Fragen an den Oberweihnachtsmann
2 Kommentare
Neuester Kommentar
Kommentar schreiben