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Berlin: Schöneberg: "Keine Rassenkrawalle wie anderswo"

Frank Steffel und Emine Demirbüken stehen vor der Galerie der türkischen Stars im Büro des Chefredakteurs des türkisch-deutschen Stadtmagazins "Merhaba." Die Zeitschrift wird vom Conceptverlag in der Bülowstraße in Schöneberg herausgegeben.

Frank Steffel und Emine Demirbüken stehen vor der Galerie der türkischen Stars im Büro des Chefredakteurs des türkisch-deutschen Stadtmagazins "Merhaba." Die Zeitschrift wird vom Conceptverlag in der Bülowstraße in Schöneberg herausgegeben. Der Chefredakteur, Mehmet Zagl¤, und die Ausländerbeauftragte von Schöneberg erklären dem Spitzenkandidat der CDU zu wer wer ist: "Das ist Tarkan, der türkische Superstar." "Frau Demirbüken übersetzt mir ihre Artikel perfekt", sagt der CDU-Spitzenkandidat. Steffel und Demirbüken, die beiden CDU-Politiker, machen zurzeit einen Informations-Streifzug durch die türkischen Unternehmen in Berlin. Der Besuch in dem Verlag mit 28 Mitarbeitern gehört zu ihrem Programm.

Auch das Foto vom Besuch des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen, hängt an der Wand. Emine Demirbüken war bei diesen Besuchen nicht dabei. Während der Großen Koalition beriet die Ausländerbeaufragte Barbara John den Senat.

"Sie berät die CDU", titelten die türkischen Blätter, als Steffel verkündete, dass er Demirbüken in sein Wahlkampfteam aufgenommen hat. Ganz anders war das, als Demirbüken 1995 in die CDU eintrat. Sie löste mit diesem Schritt in der türkischen Gemeinde in Berlin Verwunderung aus. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon seit sieben Jahren Ausländerbeauftragte von Schöneberg und engagierte sich für die Rechte der Ausländer. Manche türkischstämmige Menschen wollten ihr nicht so recht glauben, dass sie diesen Schritt aus Überzeugung tat.

Heute sind die Kritiker von einst verstummt. Niemand in türkischen Kreisen hat Zweifel daran, dass die Aufnahme von Demirbüken in das Beraterteam des CDU-Spitzenkandidaten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei. Die Erwartungshaltungen der Türken in Berlin an sie sind nun so hoch wie nie zuvor. "Türkische Verbände schreiben an Frank Steffel und wünschen meine Nominierung als Kandidat für das Abgeordnetenhaus", sagt sie und ihr Chef erklärt öffentlich: "Ich unterstütze sie dabei."

"Ich war bestürzt, als ich las, dass so viele türkische Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen. Woran liegt das?", fragt Steffel. Seine Kritiker können hier ruhig jedes seiner Worte auf die Goldwage legen. Er hat sich vor dem Besuch kundig gemacht. Selten benutzt er das Wort "Ausländer" sondern "Menschen nichtdeutscher Herkunft" - political correct. Berlin ohne Pizza und Döner könne er sich nicht vorstellen, sagt Steffel. Danach beginnt das Gespräch mit dem Verlags-Chef, Diyap Sakalli: "Wissen Sie, wenn man nur eine Ein-Zimmer-Wohnung hat und den ganzen Tag türkisches Fernsehen nebenher mit Beiträgen über arbeitslose Jugendliche läuft ..." Dann beschwert er sich noch, dass der türkische Fußballverein Türkiyemspor keinen geeigneten Sportplatz findet. "Frau Demirbüken. Woran liegt das?", fragt Steffel seine Beraterin für Jugend- und Ausländerfragen. Und die antwortet: "Sie wollen die Trabrennbahn in Mariendorf. Die ist dafür nicht geeignet." Im Zimmer des Verlagschefs gibt es türkischen Tee und Kaffee. Steffel entscheidet sich für des Deutschen Lieblingsgetränk, den Kaffee, wie alle anderen im Raum auch. Niemand in dem türkischen Verlag möchte eine Prognose wagen, ob und wie viel Türken in Berlin überhaupt die CDU wählen werden. Mehr als 40 000 Türken haben sich in den letzten zehn Jahren einbürgern lassen und haben damit das Wahlrecht bekommen. Nur der Generalsekretär der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung, Hüsnü Ozkanli, sagt: "Ich bin eigentlich ein konservativer Mensch. Vielleicht würde ich die CDU wählen, wäre ich nicht SPD-Mitglied."

Auf der Fahrt zum nächsten Betrieb stellt Steffel in seinem Dienstwagen fest, wie friedlich die Nationen in dieser Stadt zusammenleben: "Keine Rassenkrawalle wie anderswo." In den Hallen der Glasereifirma Isogon in der Neuköllnischen Allee in Neukölln wartet schon der Chef, Kaya Tiglioglu. Nach dem Rundgang stellt er Steffel seinen Sohn vor: "Das ist unser zukünftiger Bürgermeister." In dem millionenschweren Musikstudio des Filius in oberen Stockwerk ist das politische Lager ganz offensichtlich. "Ich bin seit 12 Jahren CDU-Mitglied", gesteht der Firmenchef, während Steffel - wie auch in dem Betrieb zuvor - die Sauberkeit und Ordnung in dem Räumen lobt.

Im Konferenzraum kommt später auch Ehefrau Oya die Buchführerin der Firma, energischen Schrittes dazu: "Ich habe gleich ein ganzes Fragenpaket mitgebracht", sagt sie. Von der CDU habe sie sich Informationsmaterial zuschicken lassen. Sie erzählt von der schlechten Zahlungmoral in der Baubranche. "Warum kann man den Sozialhilfeempfängern nicht sagen, dass sie die Gartenarbeit machen sollen", fragt sie zwischendrin auch mal. Ihr Ehemann hat seine kleine Firma in Kreuzberg zu einem imposanten Glasereibetrieb mit mehr als 60 Mitarbeitern in Neukölln ausgebaut. Zumindest ihre Stimmen dürften der CDU am Wahltag sicher sein.

Suzan Gülfirat

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