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Schönefeld–Demo: Empörung über Aufruf zur Demo-Dienstreise

Die Geschäftsführung der Flughäfen ermutigt ihre Mitarbeiter zu Demonstrations-Dienstreisen. Nun fordert die Grünen-Spitzenkandidatin Künast eine Stellungnahme von Klaus Wowereit.

Ein obskurer Dienstreise-Aufruf der Flughafengesellschaft FBS empört nicht nur die Schönefeld-Gegner, sondern beschäftigt auch die Politik. Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast forderte am Sonntag eine Stellungnahme von Klaus Wowereit (SPD): Als Aufsichtsratschef der Gesellschaft müsse der Regierende Bürgermeister „klarstellen, dass es keinen Aufruf an Mitarbeiter zu einer Demonstration am 20. September in Leipzig gibt und auch eine Anerkennung als Dienstreise nicht infrage kommt“. Das Gericht anzurufen sei das gute Recht der Bürger. „Man kann am Demokratieverständnis der Flughafengesellschaft zweifeln, wenn diese offenbar mit bezahlten Demonstranten auf Dienstreise kontern“ wolle.

Wie in einem Teil der gestrigen Tagesspiegel-Auflage berichtet, hat der gegen Schönefeld kämpfende Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB) ein Schreiben ins Internet gestellt, in dem die Geschäftsführung der Flughäfen die Mitarbeiter aufruft, zur Anhörung vor dem Bundesverwaltungsgericht für Nachtflüge zu demonstrieren. „Die Fahrt gilt als Dienstreise“, heißt es in dem Schreiben. Und: Die Geschäftsführung freue sich auf eine rege Teilnahme. „Wowereit, Platzeck und FBS-Geschäftsführer lassen FBS-Mitarbeiter auf Steuerzahlerkosten gegen Flughafenanwohner aufmarschieren“, erklärte der Verein dazu. Ein Sprecher Wowereits bezeichnete den Brief als Angelegenheit der FBS.

Flughafensprecher Ralf Kunkel dementierte nicht nur die Echtheit des Schreibens, sondern wies auch den Vorwurf zurück, dass eine Dienstreise von FBS-Mitarbeitern Steuergeld kosten würde: „Wir sind eine GmbH und verwenden das Geld, das wir auch erwirtschaften.“ Mit Ausnahme des BER-Neubaus „finanzieren wir sämtliche Tätigkeiten unseres Unternehmens aus dem Cashflow“. Die Kosten für den Neubau setzten sich aus 440 Millionen Euro von der FBS und 430 Millionen von den Gesellschaftern – Berlin, Brandenburg und Bund – zusammen. Hinzu komme ein 2,4-Milliarden-Kredit.

Lesen Sie weiter: Ein Gutachter warnt vor wegen massiver gesundheitlicher Belastungen vor einer Startroute über den Müggelsee.

Die Flughafengesellschaft stellt mit 1400 Mitarbeitern nur einen kleinen Teil der an den Flughäfen Beschäftigten. In dem umstrittenen Brief ist von „bis zu 18 000 Jobs weniger im Umfeld des Flughafens“ die Rede, falls das Gericht ein striktes Nachtflugverbot verhängen würde. Vor Gericht wird um die Zeiten von 22 Uhr bis Mitternacht und von 5 bis 6 Uhr gestritten. Die Genehmigung, gegen die Anwohner geklagt haben, erlaubt bis zu 77 Flüge in diesen Zeiten. Auch Gegner planen eine Demo in Leipzig.

Die Gegner von Flugrouten und Standort bereiten zurzeit ihre nächsten Aktionen vor: Die Friedrichshagener Bürgerinitiative ruft erneut zur abendlichen Montagsdemo auf den Marktplatz an der Bölschestraße. Erwartet werden 4000 Teilnehmer – und Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion im Bundestag und direkt gewählter Kandidat von Treptow-Köpenick. Für Freitagabend lädt die Initiative zu einer „Menschenkette des Vertrauens“ rund ums Bundeskanzleramt. In dem Aufruf wird auf Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verwiesen, die auf einem Parteitag und in Interviews den Vertrauensschutz für die Menschen bezüglich der Flugrouten betont hatte.

Inhaltlich hat sich die Initiative mit einem Gutachten von Hans Behrbohm munitioniert. Der Professor ist Chefarzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde an der Parkklinik Weißensee und prophezeit eine massive Belastung der Menschen mit Giften wie Stickoxiden, Kohlenmonoxid und Feinstaub durch die startenden Maschinen. Sein Fazit nach sieben Seiten: Es sei „die Pflicht der Politik“, die Startroute über den Müggelsee zu verwerfen.

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