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Berlin: Schöner wohnen mit Biedermeier

Das Knoblauchhaus im Nikolaiviertel zeigt Gemütlichkeit, wie sie vor rund 175 Jahren beim Berliner Bürgertum beliebt war

Höllisch aufpassen muss man, wenn man in der Poststraße 23 die steile Treppe erklimmt. Ein „Dienstbolzen“ – wie im Berliner Jargon das häusliche Personal genannt wurde – möchte man nicht bei den Knoblauchs gewesen sein und etwa Suppenterrinen und Saucieren balanciert haben. Alexander und Wilhelm von Humboldt, Gotthold Ephraim Lessing, Moses Mendelssohn und Karl Friedrich Schinkel gehörten unter anderen zu den Gästen, die sich im Kreis der Familie Knoblauch wohlfühlten, in deren Besitz das Haus sich 170 Jahre von 1759 bis 1929 befand.

„Berliner Leben im Biedermeier“ kann man jetzt dort kennenlernen – unter diesem Motto öffnet das Knoblauchhaus nach fast zweijähriger Sanierung wieder seine Türen. In der Nikolaikirche wird an diesem Sonntag um elf Uhr das Ereignis gebührend gefeiert, zu dem auch die gleichzeitige Eröffnung der Ausstellung „Biedermanns Abendgemütlichkeit“ im Ephraim-Palais gehört, die „Berlin von innen 1815 bis 1848“ zeigt.

Aber zurück ins Stammhaus der Familie, deren einzelne Vertreter das Leben der Stadt Berlin mitprägten – bis heute. Denn die jetzt vorliegende museale Präsentation des Berliner Lebens im Biedermeier wäre nicht möglich ohne den Großteil des Familiennachlasses, den die Knoblauchs zur Verfügung stellten.

Zu Wohlstand gekommen war Johann Christof Knoblauch durch den Siebenjährigen Krieg, indem er Haken, Ösen und andere Produkte aus Metalldrähten ans Heer lieferte. Später kam noch eine Seiden- und Tuchhandlung hinzu. Mit dem Geld errichtete er im Jahr 1759 das Eckhaus vor der Nikolaikirche. Ab 1818 ist es der behagliche Schauplatz des kurzen Eheglücks von Carl und Henriette Knoblauch, eine geborene Keibel. Als wäre die zweifache junge Mutter, die mit 23 Jahren an Tuberkulose starb, nur mal eben aus dem Raum gegangen, ist im Knoblauchhaus ihr freundliches Wohnzimmer arrangiert. Auf dem Parkettboden neben dem Sofa hölzernes Spielzeug, auch einen Nähtisch gibt es, ein Musikinstrument und einen Schreibsekretär – an der Wand Porträts der Familie, die sich auch sozial engagierte wie in der Armen- und Waisenfürsorge. Henriettes Mann Carl selbst blieb nicht im Stammhaus wohnen. Als sein „wonniges Jettchen mit dem unschuldigen Antlitz, dem hellen Spiegel ihrer reinen Seele“ starb, zog er zur Familie seiner Schwiegereltern an den Alexanderplatz, deren Seidenwarenhandlung er bei der Heirat 1818 übernahm und mit der eigenen vereinigte.

Über den familiären Seidenhandel und die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge des Berliner Lebens im Biedermeier erfährt der Besucher auch im Knoblauchhaus, vor allem aber über die berühmte Bürgerfamilie.

Ergänzend zur liebevoll arrangierten biedermeierlich heilen Welt der Knoblauchs sollte man sich „Biedermanns Abendgemütlichkeit“ im Ephraim-Palais nicht entgehen lassen. Die biederliche Welt in „Berlin von innen“ zwischen 1815 bis 1848 wird dort als kultursoziologischer Streifzug vorgestellt – mit Tagebüchern, sogenannten „Zimmerbildern“, Liebesgaben wie den Verlobungsringen mit eigenen Haaren von Adalbert von Chamisso und Antonie Piaste. Nicht zu vergessen auch „Berlin, wie es ist und – trinkt“ – privat und öffentlich.

Knoblauchhaus, Poststraße 23, ab 23. Januar bis auf Weiteres, Ephraim-Palais, Poststraße 16, 23. Januar bis 29. April 2007: Di, Do-So: 10-18 Uhr, Mi: 12-20 Uhr.

Heidemarie Mazuhn

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