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Berlin: Schrittweise an die Macht

Nicolas Zimmer hat die CDU-Fraktion befriedet, doch sein Vorgänger Frank Steffel gibt einflussreiche Ämter nicht ab

Ein wenig Fraktionschef ist Frank Steffel immer noch. Und das, obwohl man ihn selten im Parlament gesehen hat während der vergangenen Woche. Es schien, als zöge sich Steffel nach dem Parteitag im Mai und dem vorläufigen Ende der Führungskrise in der CDU äußerlich und innerlich in seinen Kreisverband Reinickendorf zurück. Zwei Sitzungen im Abgeordnetenhaus ließ er ausfallen. Nun gut, dachten manche, er braucht Abstand, man versteht das. Die Kollegen in der CDU-Fraktion fragen sich zwar, ob Steffel sich an der Arbeit in den Ausschüssen beteiligen will. Doch das kann man nach der Sommerpause klären. Dass Steffel immer noch ein bisschen Fraktionschef ist, liegt an etwas anderem: Weder den Sitz im Rundfunkrat noch den im Lottobeirat hat er aufgegeben. Es ist, als wolle er sehen, was Nicolas Zimmer vorhat.

Steffels Nachfolger hat es in den Wochen nach dem großen Krach immerhin fertig gebracht, dem Streit in der Fraktion die Schärfe zu nehmen. Die Emotionen hätten sich abgekühlt – das geben eigentlich alle zu, auch die, die lieber Peter Kurth als Nachfolger Steffels gesehen hätten. Dass man wieder miteinander arbeitet, liegt an Zimmers freundlich-verbindlichem Umgang mit den Kollegen. Er selbst vergleicht den Streit um Steffel in seinen Auswirkungen auf die Fraktion mit einem „Familienkrach“: Wie in einer Familie sei man auch in der Fraktion aufeinander angewiesen. Und weil die Kollegen das wüssten, seien sie rasch bereit gewesen, wieder aufeinander zuzugehen.

Doch das Ende des Steffel-Streits macht noch keinen neuen Anfang. Oder eher: Es macht erst den Anfang eines Anfangs aus. Zimmer hat miterlebt, wie sein Vor-Vorgänger Klaus Landowsky seine Macht und seinen Einfluss stückweise verlor: Da war die Ankündigung des Rücktritts und im Mai 2001 die „Übergabe des Staffelstabes“ an Frank Steffel. Das vollzog Landowsky in seiseiner patriarchalischen Art. Doch mit der Aufgabe der einflussreichen Ämter im Rundfunk- und im Lottobeirat ließ er sich Zeit. Er forderte Steffel dazu heraus, ihm Druck zu machen – und Steffel machte Druck.

Um so besser weiß Steffel, wie es wirkt, dass er bisher nur einen Teil seines Abschieds von der Macht vollzogen hat. Sein Dienstzimmer und den Dienstwagen überließ er seinem Nachfolger Nicolas Zimmer Mitte Mai, unmittelbar nach seiner Abwahl, in einem Tempo, als sei er froh, mit dem CDU-Fraktionsvorsitz nichts mehr zu haben. Konsequenterweise hätte er auch die Ämter im Lottobeirat und im Rundfunkrat aufgeben müssen.

Zimmer will Steffel offenbar noch ein wenig Zeit lassen: Vielleicht kommt Steffel in seinem Urlaub von allein darauf, was von ihm erwartet wird. In der Fraktion aber warten viele darauf, dass Zimmer hinter seiner freundlichen Art einmal jene gut verhüllte Brutalität erkennen lässt, die er brauchen wird, um Steffel zur Aufgabe seiner Ämter zu bringen. Momentan fehle ein bisschen die Disziplin, sagen Abgeordnete: Bei den Fraktionssitzungen fehlten zu viele. Auch sei nicht nur in der Fraktion aufgefallen, dass Steffel den Sitz im Rundfunkrat unbesetzt gelassen hat. „Das wird uns zugetragen“, sagen einige CDU-Abgeordnete, verärgert darüber, dass die Fraktion in der Umbauphase des SFB zum RBB nicht dabei ist.

Aber so ist es mit den Ehrenämtern: Sie können einem nicht einfach genommen werden. Zimmer weiß, dass er Steffel nicht durch die Fraktion aus dem Rundfunk- und dem Lottobeirat hinauswählen lassen kann. Doch weiß er auch noch aus Landowskys Zeiten, wie gut das wirkt, wenn man etwas zu geben hat.

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