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Yannic-Alexander Mader hat erfolgreich für seinen Verbleib auf der Elite-Sportschule geklagt.

© Privat

Schüler klagt sich ein: Regelverstoß bei Elite-Sportschulen

Die Trainer befanden, Yannic-Alexander Mader sei nicht gut genug für die Elite-Sportschule Ploeachau. Er zog vor Gericht und war erfolgreich - die Schulen dürfen Schüler nämlich bisher gar nicht wegschicken.

Yannic-Alexander Mader ist nur knapp im Finale gescheitert. Etwas mehr Glück, und er hätte das Jugend-Tennisturnier in Bad Pyrmont vergangenes Wochenende gewonnen. In der Rangliste des Deutschen Tennis-Bundes liegt der 15-Jährige in seinem Jahrgang auf Platz 33.

Für die Poelchau-Eliteschule des Sports hat es dennoch nicht mehr gereicht. Ende April wurde dem jungen Tennisspieler mitgeteilt, dass er die Schule nach der 8. Klasse verlassen müsse. Die sportlichen Perspektiven reichten nicht aus für eine weitere Förderung.

Harald Mader, der Vater, betrachtete das als Fehlentscheidung. Er legte Widerspruch ein, das Verwaltungsgericht befasste sich mit dem Fall. Im Grunde ging es nur um die sportliche Einschätzung eines einzelnen Schülers. Aber der Gang zum Gericht bekam bald Bedeutung für alle Berliner Sport-Eliteschulen.

Die Sportschulen sind juristisch auf dünnem Eis

Denn im Moment überlegen sich alle drei Lehranstalten sehr intensiv, ob sie einen Schüler oder eine Schülerin, die sportliche Kriterien nicht mehr erfüllt, wegschicken. Denn damit bewegen sie sich juristisch auf dünnem Eis. Eine klare rechtliche Grundlage für so eine Entscheidung fehlt nämlich. Und deshalb ist Yannic-Alexander Mader auch wieder in der Poelchau-Schule, 9. Klasse F 4.

Für seine Rückkehr sorgte das Verwaltungsgericht. Das sorgte auch dafür, dass die Schulverwaltung gezwungen ist, eine Richtlinie auszuarbeiten, die regelt, dass Schüler weggeschickt werden können, wenn sie sportlich nicht mehr gut genug sind. Nur wird diese Regelung frühestens nächstes Jahr kommen.

Das Problem, sagt Beate Stoffers von der Bildungsverwaltung, sei ein Verwaltungsakt. Die Eliteschulen waren Teil eines so genannten Schulversuchs. Bei dem wird getestet, wie man bestimmte Schüler optimal fördern kann. Und solange die Eliteschulen dieses Status Quo hatten, war auch klar geregelt, dass Schüler, die sportlich abfallen oder keine Perspektive haben, auf eine andere Schule wechseln müssen. Solche Entscheidungen fallen jeweils nach der achten und zehnten Klasse. Seit 1. Februar 2013 ist der Schulversuch allerdings beendet, die Elite-Schulen gelten jetzt als Schulen besonderer pädagogischer Prägung.

Die Schule kann Wechsel nur nahelegen, nicht darüber entscheiden

Neu eingestuft wurden zwar die Schulen, die Richtlinie zur Ausgliederung von Schülern aber blieb unangetastest. Das war, wie sich jetzt zeigt, ein Fehler. Das Verwaltungsgericht schätzte die Erfolgsaussichten einer Klage ein und kam zum Ergebnis, dass Harald Mader große Chancen auf einen juristischen Sieg haben würde. Aus einem einfachen Grund: Die Senatverwaltung hätte speziell für Schulen mit besonderer Prägung eine Bestimmung zur Ausgliederung erlassen müssen. „Die“, sagt Beate Stoffers, „hätte ruhig den gleichen Wortlaut haben können wie die bisherige.“ Aber sie fehlte halt.

Auf einen Prozess ließ es die Senatsverwaltung nun nicht mehr ankommen, vor kurzem teilte sie mit, dass der Schüler wieder auf die Poelchau-Schule dürfe. "Wir arbeiten an einer Bestimmung, die eine Rechtsgrundlage schafft", sagt Beate Stoffers. Und bis dahin hofft man in der Bildungsverwaltung, dass es nicht zum nächsten Rechtsstreit kommen wird. Theoretisch ist das durchaus möglich. Denn die Perspektivgespräche von Trainern und Lehrern mit den Schülern werden im November und Dezember geführt. Und da könnte der nächste erboste Vater bereits warten. Deshalb halten sich alle Schulen wohl erst mal zurück mit frustrierenden Ansagen. Die Poelchau-Schule jedenfalls, sagt Schulleiter Matthias Rössner, werde derzeit keinen Schüler definitiv ausgliedern. "Aber man redet mit Eltern und Schülern natürlich über die Perspektive." Im Klartext: Jemandem, der in der Trainingsgruppe kaum mithalten kann, wird man einen Wechsel zumindest nahelegen.

Fachfremde Lehrer entscheiden, ob der Schüler geeignet ist

Offen ist die Frage, was mit Yannic-Alexander Mader passiert, sollte die neue Richtlinie in Kraft treten. Was ist, wenn die Trainer immer noch denken, er sei nicht gut genug für die Schule? "Wir vertrauen ganz in die pädagogischen Fähigkeiten des Schulleiters", sagt Beate Stoffers. Anders ausgedrückt: Der Tennisspieler darf wohl bis Schuljahresende bleiben. Zwischenzeitlich war er mehrere Wochen auf einer anderen Schule.

Aber für Harald Mader geht es ja auch um die Art, wie sein Sohn sportlich bewertet wurde. Ein Problem, das immer wieder Eltern beschäftigt. Mader beklagt, dass das Urteil über seinen Sohn vor allem vom Landestrainer gefällt worden sei. Der für Tennis zuständige Lehrer an der Schule habe sich zurückgehalten.

Für Schulleiter Rössner ist dagegen die große Bedeutung eines Landestrainers normal. "Es ist gängige Praxis, dass Landestrainer aller Fachverbände eine sportliche Empfehlung abgeben. Diese Trainer sind vom Landesportbund und von den Fachverbänden dazu legitimiert." Das sei in Richtlinien klar geregelt. "Wir können als Schule ja gar nicht den Überblick über alle Fachbereiche haben."

Im Mai war schon mal ein Vater gegen die Entscheidung einer Schule juristisch vorgegangen. Auch er hatte die Empfehlung eines Landestrainers nicht akzeptiert. "Damals", sagt Beate Stoffers, "haben wir vor Gericht gewonnen."

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