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Schul-Grenzgänger: Für Schüler wird das Pendeln leichter

Berlin und Brandenburg einigen sich auf ein neues Abkommen zum länderübergreifenden Schulbesuch.

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In den vergangenen Jahren ging es beim Schulbesuch über die Landesgrenzen hinweg teils hoch her: Vor allem Brandenburger Eltern aus dem Speckgürtel versuchten mit vielerlei Tricks, ihre Kinder in Berliner Grundschulen, aber besonders in profilierten Gymnasien unterzubringen. Doch häufig wurden sie von den überfüllten Schulen abgewiesen. Es gab Ärger und Frust. Inzwischen hat sich die Situation nach einer Umfrage des Tagesspiegels in Berliner Schulämtern entspannt. Und gestern wurde der kleine Grenzverkehr von Schülern zwischen Brandenburg und Berlin bis 2013 verbindlich geregelt. Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht und Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (beide SPD) unterschrieben das neue Gastschülerabkommen zwischen den Nachbarländern.

Grenzverkehr zwischen Ahrensfelde und Marzahn-Hellersdorf schon zu DDR-Zeiten

Dabei geht es ums Geld, aber auch um die Anpassung der Schulbürokratie an die Lebenswirklichkeit. So wird beispielsweise den Schülern aus Ahrensfelde im Landkreis Barnim aus alter Tradition und Nähe wieder der Besuch von Schulen im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf erleichtert. Diesen kleinen Grenzverkehr gab es schon zu DDR-Zeiten, als die Neubaugebiete in Marzahn auch die angrenzenden Ortsteile Ahrensfelde, Eiche und Mehrow schulisch versorgten. Mit dem ersten Gastschülerabkommen 1997 wurde der Austausch wie überall im Speckgürtel abgesichert – und mit Hilfe einer weiteren Absprache für diesen speziellen Fall sogar noch erleichtert. Ende 2004 lief die Sonderregelung allerdings aus. Danach besuchten nur noch 46 Schüler aus dem Umland in Marzahn-Hellersdorf die Grund- und Oberschule. Nun ist der Wechsel wieder vertraglich gesichert.

Zehn Millionen Euro zahlt Brandenburg künftig jedes Jahr von 2009 bis 2013 an Berlin, denn die Zahl der Brandenburger Schüler, die in Berlin lernen, ist deutlich größer als umgekehrt. Im Schuljahr 2006/07 waren es 5317 Kinder und Jugendliche. Davon gingen 2790 auf Berliner Gymnasien. An erster Stelle stehen Schulen in Steglitz-Zehlendorf, Marzahn- Hellersdorf, Reinickendorf, Lichtenberg und Pankow. Dagegen gab es im Schuljahr 2006/07 nur 1815 Berliner Schüler, die in Brandenburg eingeschult waren; die meisten in Potsdam und Umgebung. 643 von ihnen gingen aufs Gymnasium.

Vor wenigen Jahren noch größerer Ansturm auf Berlins Gymnasien

Noch vor wenigen Jahren war der Ansturm auf Berlins Gymnasien allerdings deutlich größer. So besuchten im Schuljahr 2004/05 laut Potsdamer Bildungsministerium 8254 junge Brandenburger Berliner Schulen, ein Jahr später waren es 7948 und im vergangenen Schuljahr 7045. Die Umland-Kinder drängten nach Berlin, weil dessen gymnasiales Angebot breiter gefächert war und teilweise noch ist oder die begehrte Schule jenseits der Landesgrenze näher liegt als die Alternative im eigenen Landkreis.

Betroffen waren und sind junge Familien, die von Berlin aus ins Umland zogen, aber auf ihre hohen Schulansprüche nicht verzichten wollen. Doch gerade die begehrten Berliner Modellgymnasien geben ihnen oft einen Korb, weil deren Plätze nicht einmal für die Berliner Interessenten ausreichen. Um ihre Chancen zu verbessern, melden manche Brandenburger Eltern ihre Kinder zur Oma nach Berlin um – und die Berliner Behörden kontern, indem sie Scheinadressen überprüfen.

Gymnasium in Pankow: Schülermangel

Schulstadträte und Schulamtsleiter aus Steglitz-Zehlendorf, Spandau, Pankow, und Tempelhof-Schöneberg erklärten aber gestern auf Anfrage, die Nachfrage gehe zurück. Besonders auffällig ist dies in Pankow. Dort steht das Gauß-Gymnasium in Buch wegen Schülermangels vor dem Aus. Stadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD): „2000 füllten dort die Brandenburger Schüler eine Klasse. Inzwischen gehen sie in neu gebaute Gymnasien in Bernau und Oranienburg und wir haben Nachwuchsprobleme.“

Dass der Andrang nach Berlin langsam abnimmt, mit Ausnahme einiger regional besonderer Gebiete wie Kleinmachnow oder Großziethen, hat aus Sicht der Berliner Schulbehörden zwei Gründe: Zum einen hat Brandenburg sein gymnasiales Angebot im Speckgürtel ausgebaut und plant weitere Schulneubauten wie in Kleinmachnow und Falkensee. Zum anderen ist die Schulaufsicht in Brandenburg „restriktiver geworden“, sagt Spandaus Stadtrat Gerhard Hanke (CDU).

Landkreis muss Schulwechel ins andere Bundesland erst genehmigen

Um ihr Kind in Berlin einschulen zu dürfen, benötigen Brandenburger Eltern zuallererst eine Genehmigung ihres Landkreises. Dieser erkennt aber gemäß dem Abkommen nur „wichtige Gründe“ an. Dazu zählen die Länge des Schulwegs, die Betreuungsbedürftigkeit der Schüler, die Vermeidung eines Schulwechsels nach einem Umzug oder der Besuch einer Schule mit besonderen Angeboten. Dass hier inzwischen strengere Maßstäbe angelegt werden, bestätigt ein Sprecher des Potsdamer Bildungsministeriums. „Wir verweisen auf unsere verbesserten eigenen Angebote“, sagt er. Außerdem wolle man Ärger mit Berlin vermeiden. „Fahren zu viele unserer Schüler nach Berlin, müssen wir mehr Ausgleich zahlen.“

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