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Schulausschuss: Leidenschaft trifft auf Geschäftsordnung

Zur Anhörung der Volksinitiative „Schule in Freiheit“ kam viel junges Publikum ins Abgeordnetenhaus. Es erlebte rauen Politikalltag. Initiator Kurt Wilhelmi zeigte sich zufrieden.

So viele Schüler waren selten im Schulausschuss, und so viel Andrang war dort überhaupt selten. Rund 270 Zuhörer hatten sich am Donnerstagnachmittag im Abgeordnetenhaus versammelt, um den Vertretern der Volksinitiative „Schule in Freiheit“ zuzuhören. Die hatten sich mit rund 24 000 gesammelten Unterschriften Rederecht im Schulausschuss erworben und stellten ihre Forderungen vor: Mehr pädagogische Freiheit für alle und mehr organisatorische Selbstständigkeit für staatliche Schulen, außerdem eine gleichberechtigte Finanzierung von staatlichen und privaten Schulen (wir berichteten).

Es hätte eine ganz gewöhnliche Experten-Anhörung werden können – doch es wurde ein Lehrstück darüber, wie sich Politik möglichst nicht präsentieren sollte. Weil der Saal des Ausschusses aus allen Nähten platzte, wurde die Anhörung per Ton und Videobild in drei weitere Säle übertragen. Anstatt jedoch vor großem und auch jungem Publikum die Chance zu ergreifen, Lust auf Politik zu machen, zeigte sich die Vorsitzende des Ausschusses, Christa Müller (SPD), schnell von der restriktiven Seite: Applaus zu Redebeiträgen wurde wiederholt untersagt, spontane Zwischenfragen autoritär zurückgewiesen: „Ich mache hier die Rednerliste!“

Und auch im Plenum war während der Redebeiträge zu Beginn das übliche Gemurmel zu hören – so dass eine Rednerin, die 19 Jahre alte Schülerin Laura Ehrich, sagte, sie sei „persönlich enttäuscht“ über dieses Verhalten. „Unter solchen Bedingungen sollte man Schüler besser nicht mit in den Schulausschuss nehmen“, sagte einer der Zuhörer, der Vorsitzende des Verbands deutscher Privatschulen Berlin Brandenburg, Andreas Wegener, im Anschluss an die Veranstaltung.

Auch inhaltlich unterschied sich die Anhörung doch deutlich vom sonst üblichen Format. Nachdem die Forderungen präsentiert waren, wurde es schnell grundsätzlich: Es ging um Sinn und Unsinn von Lehrplänen und Abschlüssen, um mündige Bürger und mündige Schulen, Vergleichbarkeit und Individualität. „Wir brauchen ein Querdenken“ und „grundsätzlich neue Wege“ im Lernen und der Lehrerausbildung, erklärte Margret Rasfeld, Leiterin der freien Evangelischen Schulen Berlin Zentrum. Man diskutiere die Frage, „in welcher Gesellschaft wir leben wollen“, sagte Rasfeld – und erntete Applaus, der verboten wurde.

Viele Fragen kamen vonseiten des Plenums, das dann doch Interesse und Aufmerksamkeit zeigte. Wie sollen künftig Abschlüsse aussehen? Braucht es Inhalte im Lehrplan oder Kompetenzen? Wie werden Lehrer an freien Schulen eingestellt, wie sollten sie es werden? Wie können Eltern unter einer möglichen Fülle von Schulen auswählen? Und wie soll gewährleistet werden, dass bildungsferne Kinder nicht zu kurz kommen?

Die Redner antworteten freundlich, auch mit Erfahrungen aus der Praxis. Ganz einig schienen sie sich jedoch auch nicht in allen Fragen zu sein – der nach Art und Umfang von Qualitätsstandards etwa. Immerhin, sie selbst waren zufrieden: „Wir konnten uns engagiert und authentisch präsentieren“, sagte Initiator Kurt Wilhelmi. Es sei nicht um Parteipolitik, sondern um Inhalte gegangen. „Vielleicht haben wir ja auch eine neue Qualität in so eine Sitzung gebracht“, sagte Wilhelmi, „ vielleicht haben wir die Abgeordneten erreicht.“

Von denen zeigten sich einige von den Rednern beeindruckt – zu einem Ergebnis kam es allerdings noch nicht: Am 7. April soll der Ausschuss unter sich diskutieren, welche Haltung er im Plenum vertritt. Die soll dort am 14. April besprochen werden.

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