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Schuldneratlas 2007: Im roten Bereich

Immer mehr Berliner leben auf Pump. In Neukölln ist es laut Schuldneratlas bereits fast jeder Vierte. Berlin gehört damit zu den Schlusslichtern im Bundesvergleich. Gründe für die Schulden sind vor allem Arbeitslosigkeit - und Scheidung.

In dieser Stadt leben immer mehr Menschen auf Pump. Der Anteil der überschuldeten Haushalte in Berlin erhöhte sich 2007 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Punkte auf 15,3 Prozent. Damit gehört die deutsche Hauptstadt wie bereits 2006 im Bundesvergleich zu den Schlusslichtern. Dies geht aus dem Schuldneratlas 2007 der Auskunftei Creditreform hervor – sie verfügt über die weltweit größte Datenbank zu deutschen Unternehmen. Nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft der Berliner Schuldnerberatungen sind für viele Menschen Arbeitslosigkeit sowie Scheidung Ursache für den finanziellen Abstieg. Zudem lernen immer weniger Jugendliche, mit Geld umzugehen.

Das negative Ranking wird nach Auskunft von Christian Wolfram, Geschäftsführer von Creditreform, wie in den Vorjahren von Neukölln angeführt. In diesem Bezirk lebt nahezu jeder Vierte auf Pump (22,05 Prozent). Menschen in Mitte nehmen am zweithäufigsten Kredite auf – und können sie oft nicht mehr abzahlen (20,59 %). Zudem haben es Marzahn-Hellersdorfer (17,05 %) besonders schwer. Am besten steht Steglitz-Zehlendorf da. „Die Berliner überschulden sich immer schneller, oft schon vor dem 20. Lebensjahr“, sagt Wolfram.

Da werden oft aus Prestigegründen mehrere Handyverträge abgeschlossen – oder Schwarzfahrten bei der BVG letztlich teuer bezahlt. „Der dritte Hauptauslöser für Verschuldung Jugendlicher sind Mietrückstände“, sagt Wilfried Jahn, Leiter der Caritas-Schuldnerberatung in Prenzlauer Berg. Seiner Erfahrung nach geben Eltern dem Markendruck schon im Kitaalter nach, und die Schule „hilft nicht nach, wenn es um das finanzielle Allgemeinwissen schlecht bestellt ist“. Wenn Jugendliche ausziehen, „wird das von ihnen gar nicht als Problem erkannt, wenn sie ihre Miete nicht zahlen. Sie wissen oft noch nicht, was ein Dauerauftrag oder ein Lastschriftverfahren ist“.

Trennung, Scheidung oder Tod

Wenn Erwachsene in Schulderberatungen Fragebögen ausfüllen, kreuzen sie oft „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ an. Wer mit wenig Geld wirtschaften muss, kommt erst recht nicht mehr klar, wenn es nach Jobverlust bei ALG I nur noch sechzig Prozent des Geldes gibt. Trennung, Scheidung oder Tod des Partners werfen viele Berliner ebenso aus der Bahn – wenn im Streitfall plötzlich nur noch ein Einkommen zur Verfügung steht, aber zwei Haushalte getragen werden müssen. Manchmal zahlt auch einer der Partner einen gemeinsamen Kredit nicht mehr zurück, wissen Berater. Dann wiederum verdienen Kreditvermittler zur „Umschuldung“, Gerichtsvollzieher, Inkassobüros, Anwälte und private „Schuldenregulierer“ an der Not anderer. Bei der Sozialverwaltung hieß es, die Haushaltsmittel für Prävention von Verschuldung bei Berlinern wurden in den vergangenen zwei Jahren um 1,5 Millionen auf 6 Millionen Euro aufgestockt.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin e.V. hat die Nummer 453 00 118. Tipps für verschuldete Berliner gibt es im Internet unter www.berlin.de/sen/soziales/zielgruppe/schuldner

Annette Kögel

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