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Berlin: Schuldspruch ohne Strafe für DDR-Offiziere gefordert

Der letzte Prozess gegen Grenzsoldaten geht am 9. November zu Ende. Die Staatsanwaltschaft plädierte nur für ein „symbolisches Urteil“

Die letzten Urteile gegen DDRPolitiker sind im August gefallen, jetzt stehen die letzten Urteile gegen DDR-Grenzer bevor. Am 9. November sollen sie fallen, dem 15. Jahrestag der Maueröffnung.

Strafen sind nicht zu erwarten, Staatsanwalt Bernhard Jahntz forderte am Freitag in seinem Plädoyer vor dem Landgericht lediglich Schuldsprüche für die vier angeklagten Ex-DDR-Militärs. Ein „symbolisches Urteil“, sagte Jahntz, der seinen Strafantrag mit den Prozessen gegen die Politbüromitglieder Herbert Häber, Hans-Joachim Böhme und Siegfried Lorenz verglich – deren Prozesse endeten ohne Bestrafung.

Die vier hochrangigen früheren DDR- Militärs, die heute zwischen 63 und 71 Jahre alt sind, sollen mitverantwortlich sein für den Tod von mindestens vier Menschen an der innerdeutschen Grenze. Die Flüchtlinge im Alter von 17 bis 28 Jahren sind durch die berüchtigten Selbstschussanlagen „SM 70“ getötet worden. Diese wurden ab 1972 an der Nord-Grenze zwischen Ostsee und Harz – nicht in Berlin – installiert. Erst zwölf Jahre später wurden sie wieder abgebaut, 33 Flüchtlinge waren bis dahin gestorben, weil sie die Minen ausgelöst hatten, die mittels TNT-Sprengstoff kleine Stahlgeschosse verschleuderten. Die Angeklagten hätten sich durch ihre Beiträge zu Ausbau oder Wartung der Minen schuldig gemacht, sagte Jahntz. „Für die menschenverachtenden Todesfallen gibt es keinerlei Rechtfertigung.“

Es spreche für die Angeklagten, dass sie „keine eiskalten und menschenverachtenden Offiziere wie der frühere Chef der DDR-Grenztruppen Klaus-Dieter Baumgarten sind“, hob Jahntz hervor. Sie hätten Bedauern und Reue gezeigt, und diese Gefühlsregungen seien echt. Bemerkenswert sei, dass einer der Militärs, Gerhard H., seine Position als Leiter der Unterabteilung Pionierwesen bei den Grenztruppen in Stendal 1977 aus Gewissensbissen aufgegeben habe. Klaus Baumgarten, heute 73, hatte beim Prozessauftakt im September zugesehen. Der einstige Chef der vier Männer war selbst 1996 wegen der Mauertoten zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden, im Jahr 2000 hatte man ihn jedoch begnadigt.

Der Strafantrag von Jahntz wurde von den vier Verteidigern am Freitag im Landgericht positiv aufgenommen, drei schlossen sich dem an, nur einer forderte Freispruch. Ein Anwalt sagte, sein Mandant wünsche, das Unheil wäre nicht geschehen. Der Offizier habe aber keine Möglichkeit gehabt, das bestehende System zu ändern.ari/dpa

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