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Schule: Bildungsverwaltung bleibt beim Thema Islam ratlos

Es erscheint schwieriger als zunächst gedacht: Vor zwei Jahren begannen Berliner Experten, an einer Orientierungshilfe für Lehrer zum Umgang mit Muslimen zu arbeiten – und konnten sich bis heute nicht einigen. "Es muss endlich Antworten zum Zusammenleben geben“, fordert Özcan Mutlu von den Bündnisgrünen.

Was ist zu tun, wenn islamische Kinder ihre christlichen Mitschüler als „Schweinefleischfresser“ beschimpfen; wenn Mädchen nicht zum Schwimmunterricht dürfen oder ihnen wegen des Ramadanfastens in der Schule schwindlig wird? Lehrer und Eltern haben viele Fragen zum Umgang mit muslimischen Schülern – und der Arbeitskreis „Islam und Schule“, der 2005 vom Senat gegründet wurde, sollte sie beantworten. Aber die versprochene Handreichung lässt auf sich warten, weil die Beteiligten sich nicht einigen können. „Es gibt noch keinen Konsens“, begründete Landesschulrat Hans-Jürgen Pokall gestern die Verzögerung.

Noch im Mai hatte es so ausgesehen, als wenn die Handreichung in Kürze vorliegen würde. Dann aber zeigte sich, dass nicht alle Beteiligten mit dem Entwurf einverstanden waren. Bei umstrittenen Themen wie der Teilnahme am Schwimmunterricht sollen deshalb verschiedene Verfahrensweisen angeboten werden, kündigte Pokall an. Der Katalog werde jetzt erarbeitet. Pokall zeigte sich gegenüber dem Tagesspiegel überrascht über die „mangelhafte Kompromissbereitschaft“ und eine „sehr gering ausgeprägte Diskussionskultur“ unter den Teilnehmern.

Der Arbeitskreis „Schule und Islam“ war von Anfang an sehr breit angelegt – zu breit, wie etwa Özcan Mutlu von den Bündnisgrünen vermutet: Anfangs waren rund 25 Mitglieder versammelt, darunter Wissenschaftler, Elternvertreter und religiöse Gruppierungen. Einige Mitglieder zogen sich sehr schnell zurück, wie etwa die Publizistin Necla Kelek, die den Eindruck hatte, dass der Arbeitskreis den konservativen islamischen Kräften zu sehr entgegenkam. „Da wollte ich nicht mitmachen“, sagte sie auf Anfrage.

Andere sehen es nicht so negativ. Mehmet Alpbek vom liberalen Türkischen Bund lobt den „sehr intensiven Diskussionsprozess“. Die lange Dauer sei den „sensiblen Themen“ geschuldet. „Schließlich kann man so etwas nicht übers Knie brechen“, findet Alpbek. Auch Burhan Kesici, der die Islamische Föderation vertritt, spricht von einer „fruchtbaren Diskussion“. Die Handreichung werde aber nicht ausreichen, um alle Fragen zu klären. Kesici plädiert deshalb dafür, noch zusätzlich eine „Kontaktstelle“ einzurichten, die in aktuellen Streitfragen beraten und helfen könnte.

Den Anstoß zu dem Arbeitskreis „Islam und Schule“ war von SPD-Fraktionschef Michael Müller gekommen – und zwar anlässlich des Berliner Integrationstages am 13. September 2004. Es dauerte dann über ein Jahr bis zu seiner Konstituierung. Inzwischen gibt es den Arbeitskreis also zweieinhalb Jahre. Bildungspolitiker Mutlu ist entsetzt darüber, dass den Lehrern noch immer keine Empfehlungen gegeben werden konnten. Angesichts der vielen muslimischen Schüler und der Vielzahl von Problemen, etwa der Frage nach dem Umgang mit der Forderung nach Gebetsräumen an Schulen, sei die Verzögerung nicht zu vertreten. „Es muss endlich Antworten zum Zusammenleben geben“, fordert Mutlu. Landesschulrat Pokall geht davon aus, dass es „noch dieses Jahr“ so weit ist.

Nicht mehr warten müssen hingegen Kopftuch tragende Frauen, die sich diskriminiert fühlen: Sie finden jetzt Rat in einer Broschüre, die der Integrationsbeauftragte und die Antidiskriminierungsstelle des Senats vorgelegt haben. Die Broschüre „Mit Kopftuch außen vor?“ kann bestellt werden per E-Mail unter broschuerenstelle@senias.berlin.de oder telefonisch unter 90 28 28 48.

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