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"Schlauer Bursche". Der 19-Jährige Schirin ist einer der ersten Abiturienten der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli - angefangen hatte er als Hauptschüler. "Doch es gab Lehrer, die an mich geglaubt haben."

© Kitty Kleist-Heinrich

Abitur 2014: Voll im Leben

An 178 Berliner Schulen wurde 2014 das Abitur abgelegt. Erstmals dabei: die Rütli-Schule. 12 000 Abiturienten könnten tolle Geschichten erzählen. Wir fangen schon mal an.

Jeder Schüler muss irgendwann entscheiden, ob er nur durchkommen oder zu den Besten zählen will. Für Kemal Bagci lag dieser Zeitpunkt am Ende der vierten Klasse. Da hatte ihm sein Lehrer gerade davon abgeraten, verfrüht auf ein Gymnasium zu wechseln. „Das hat mich wütend gemacht. Und ehrgeizig“, erzählt Kemal, wenn man ihn fragt, wie er es geschafft hat, sein Abitur am Weddinger Lessing-Gymnasium mit einer 1,0 abzuschließen. Leistungsfächer: Geschichte und Mathematik. Studienwunsch: Elektrotechnik an der TU Berlin.

Auch bei Schirin lief anfangs nicht alles glatt. Er ist einer der ersten 18 Abiturienten in der Geschichte der berühmten – und ehemals berüchtigten – Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli in Neukölln. Der Sohn irakischer Einwanderer will jetzt Maschinenbau studieren, aber angefangen hatte er als Hauptschüler. „Damals war ich ziemlich demotiviert“, erzählt er. „Doch es gab Lehrer, die an mich geglaubt haben und mir gesagt haben, dass ich doch ein schlauer Bursche sei. Irgendwann hat es dann ‘klick’ gemacht.“

Oder Leonie. Sie war eine Einserschülerin, bis sie sich entschied, Landesschülersprecherin zu werden. Die oberste Vertreterin aller 330 000 Berliner Schüler. Das hat ihr extrem viel Spaß gemacht. So viel Spaß, dass sie irgendwann lieber in ihrem Büro in der Senatsverwaltung für Bildung saß als am häuslichen Schreibtisch. Ihr Abischnitt am Friedrichshainer Heinrich-Hertz-Gymnasium lag letztlich „nur“ bei 2,0. Ihr Motor für das politische Engagement: „Ich war mit dem Unterricht einiger Lehrer unzufrieden und mit der schlechten Ausstattung der Schulen. Darum wollte ich mich engagieren“.

Und das Turboabitur?

Auch Leonie hatte Mathematik als Leistungskurs. Die Abiprüfungen liefen ganz gut. „Letztlich sind das ganz normale Klausuren“, findet die 19-Jährige, die vorm Studium erstmal ein Freiwilliges Soziales Jahr einschieben will.

So bunt wie die 12000 Abiturientengeschichten sind auch Berlins Schulen, die zum Abitur führen. Nur die eine Hälfte sind Gymnasien, die andere Hälfte besteht aus Sekundarschulen oder Berufsschulen. Außerdem gibt es noch Besonderheiten wie die Staatliche Ballett- und Artistikschule oder die Freien Waldorfschulen, die Abendgymnasien und Kollegs.

Sie alle standen in den vergangenen Monaten unter dem Druck der Abiturprüfungen, aber inzwischen wird gefeiert und die Abistreiche wurden größtenteils heil überstanden. Letztlich galt es nur noch, alle Abiturfeiern so zu terminieren, dass kein wichtiges WM- Spiel tangiert wurde. Dafür wurden sogar Zeugnisverleihungen verlegt, was nicht überall für große Begeisterung sorgte.

Und das Turboabitur? Der diesjährige Jahrgang ist schon der dritte, der nur zwölf Jahre bis zum Abi Zeit hatte. Viel Protest von Schülerseite gab es bisher nicht, „Themen wie der Lehrermangel sind eben gravierender als G8/G9“, begründet Leonie Mader die bisher geringe Resonanz beim Thema „Turbo“. Über 1000 Gymnasiasten haben sich das 13. Jahr durch eine freiwillige Ehrenrunde geholt. Ihre Namen stehen dann in der Abiturbeilage 2015.

Aber erstmal geht es ja um 2014. Auf dem Titelbild sieht man die stolzen Absolventen des Gymnasiums Tiergarten. Es hat die Fusion aus Menzel- und Heinrich- von-Kleist-Gymnasium heil überstanden, bietet 26 Arbeitsgemeinschaften und hat ein eigenes Ruderhaus in Spandau. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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