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Ran an die Dosen! In Indonesien lassen es die Schulabgänger bei wilden Farbschlachten mal so richtig krachen.

© EPA/Dedi Sahputra/dpa

Abitur 2015: Sprühen vor Freude

Die einen setzen auf Luxus, die anderen mögen’s nass: Wie Schüler weltweit ihren Schulabschluss begehen.

Deutschland

Ein Misthaufen vor der Schule? Und Wasserbomben im Flur? Abi-Streiche sind seit den 1980er Jahren ein „Muss“, sagt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands. Heute gebe es in größeren Städten fast schon Wettkämpfe um den besten Gag. Feiner ist da der Abi- Ball, „teilweise in sehr aufgemotztem Stil“, sagt Meidinger – etwa auf einem gecharterten Schiff.

USA

Auf ihren High-School-Abschluss fiebern amerikanische Schüler ein ganzes Jahr lang hin. In der zwölften Klasse sind sie die „Seniors“ – also ganz oben in der Hierarchie. Klarer Höhepunkt: der „Prom“. Für den Abschlussball werden weder Kosten noch Mühen gescheut. Mädchen kommen im Ballkleid, Jungen im Smoking. Monatelang gibt es vorher nur ein Thema: Wer geht mit wem? Gediegener geht es bei der Zeugnisverleihung zu, der „Graduation“. Die Schüler tragen Talare in den offiziellen Farben der Schule – und am Ende fliegen jubelnd die Hüte in die Höhe.

Kanada

Das war mal ein ausgefallenes Outfit: Eine kanadische Schulabgängerin bastelte sich ein Abschlusskleid aus Mathe-Klausuren, mit kurzem Schnitt und schwarzem Streifen in der Taille. Laut einem Bericht des kanadischen Rundfunks CBC wollte sie so Geld für den Malala Fund der pakistanischen Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai (17) sammeln.

Tunesien

Abiturienten bemalen dort traditionell große Leinwände mit Motiven aus der aktuellen Politik. Beliebtes Bild in diesem Jahr: die Terrormiliz Islamischer Staat. Denn die Prüfungen fallen in eine Zeit regionaler Konflikte und innerer Unruhen in Tunesien. Im Süden sorgt eine Kampagne „Wo ist das Erdöl?“ derzeit für Aufregung. Sie macht die Menschen glauben, dass das Land eigentlich über große Ressourcen verfügt. Darauf nahm Präsident Beji Caid Essebsi bei einem Besuch von Abiturienten an einer Schule jüngst Bezug. „Ich suche hier nach Erdöl“, sagte er den Schülern und betonte: „Unser Erdöl, das seid ihr.“

Indonesien

In Indonesien sprayen Schulabgänger bunte Farben auf ihre Uniformen, um zu zeigen, dass sie ihre Prüfungen bestanden haben. Die Euphorie ist in manchen Fällen schon in Vandalismus umgeschlagen. Um Leute von der Aktion abzuhalten, wurden den Schülern Briefe nach Hause geschickt.

Indien

Auch indische Schüler, die sonst ans Reih-und-Glied-Stehen und scharfe Maßregeln gewohnt sind, werden am letzten Schultag leicht rebellisch: Sie schreiben sich gegenseitig etwas auf ihre Schuluniform. Neben „Du bist mein bester Freund“ stehen auch witzige Sprüche auf Ärmeln und Hosenbeinen. Viele dieser Erinnerungsstücke hängen jahrelang im Schrank.

Frankreich

Überall in Frankreich wird das Abitur feuchtfröhlich gefeiert. Nach einer Tradition, die sich nur in einigen Regionen durchgesetzt hat, gehen künftige Abiturienten 100 Tage vor dem Abschluss bunt verkleidet auf die Straßen, um den Beginn der Prüfungen einzuleiten und die baldige Freiheit zu feiern. Oft wird dabei eine Schlacht mit Mehl und Eiern eröffnet und Geld im Tausch gegen Süßigkeiten für die spätere Abifeier gesammelt.

Niederlande

Wenn junge Leute dort erfahren, dass sie ihren Schulabschluss geschafft haben, hängen sie die niederländische Fahne aus dem Fenster – und ihren Schulrucksack dazu. Nun wissen auch die Nachbarn Bescheid. Die Firma, die die Flaggen produziert, muss laut Medienberichten in diesen Wochen sogar Sonderschichten fahren.

Italien

Am letzten Schultag gibt es überall die berühmten „gavettoni“, Wasserschlachten auf der Straße vor der Schule. Das gilt nicht nur für jüngere Schüler, die sich in die Ferien verabschieden, sondern auch für Schulabgänger. Alle feuern Wasserbomben ab – aus Flaschen, Luftballons, Plastikpistolen. Hin und wieder beschmeißen sich manche mit Mehl – damit es richtig schön matschig wird.

Bulgarien

Im ärmsten EU-Land Bulgarien wird das Abitur wie eine Hochzeit gefeiert. Mit teuren Lokalen, ausgefallener Abendkleidung und Luxusautos. Viele Eltern nehmen Kredite auf, damit der „Eintritt ins Leben“ für die Kinder ein unvergessliches Fest wird. Am Nachmittag holt der Abiturient seine „Dame“ ab. Die Klasse sammelt sich an einem symbolträchtigen Ort – etwa vor der orthodoxen Alexander-Newski-Kathedrale in der Hauptstadt Sofia. Dann wird getanzt, zum Beispiel orientalischer Bauchtanz.

Polen

Das Abitur ist dort eine ziemlich brave Sache. Zur Prüfung erscheinen die Schüler im Anzug oder in Kostüm oder Kleid in gedeckten Farben – auch wenn unter dem seriösen Outfit traditionell rote Unterwäsche als Glücksbringer steckt. Richtig gefeiert wird, sobald es zur Uni geht: Im Mai und Juni sind in polnischen Universitätsstädten die „Juwenalia“. Dann fordern die Studenten vom Bürgermeister den Schlüssel zur Stadt ein und haben drei Tage lang das Sagen auf Straßen und Plätzen.

Tschechien

Dort geht es gediegen zu. Vor den Augen der stolzen Eltern erhalten die Maturanten ihre Schärpe, eine feierliche Armbinde, überreicht. Fest zum Programm gehört außerdem der Tanz mit den ehemaligen Lehrern. dpa

Julia Kilian

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