zum Hauptinhalt

Schule: Alles anders

Mit der sechsten Generation des Passat verlässt Volkswagen eingefahrene Wege. Die Mittelklasselimousine tritt in markantem Design und mit beachtlichen Maßen auf

Mutiges Design und emotionale Formen waren Sache von Volkswagen niemals wirklich. Evolution statt Revolution hieß einer der wichtigsten Grundsätze, wenn eine neue Auto-Generation aus Wolfsburg auf die Straßen kam. Mit klaren geometrischen Formen und glatten Flächen ging es immer ein wenig bieder zu, das war seit Jahrzehnten schließlich auch ein Erfolgsrezept. Doch in diesen Tagen ist die sechste Generation des Passat zu den Händlern gekommen – und mit ihm scheint VW seinen traditionellen Weg verlassen zu wollen.

Unter Chefdesigner Murat Günak, der einst das Doppelaugengesicht für Mercedes-Benz entwickelte, anschließend für einen dynamischen Auftritt der biederen Peugeots sorgte und, zurück bei Mercedes, die Linie des CLS und des SLR zeichnete, haben nun auch die braven Niedersachsen entdeckt, welche wichtige Rolle heute das Design eines Autos spielt. Beim neuen Passat lassen unter anderem Lichtkanten ein lebendiges Spiel von Licht und Schatten entstehen. Das neue Familiengesicht tritt selbstbewusst mit einer ordentlichen Portion Chrom auf: wappenförmiger Grill, Scheinwerfer aus runden Einzelelementen, Blinker, die als schmale Lichtleisten in die Stoßfänger integriert sind und große Lufteinlässe. Das hohe Heck greift die Form der Frontscheinwerfer auf – mit modernen LED-Rückleuchten, wie sie erstmals beim Phaeton eingesetzt wurden.

Die Anklänge an das Luxusmodell sind beim Passat aber auch andernorts zu finden. Mit dem griffigen Sender zum Öffnen und Schließen der Türen beispielsweise lässt sich auf Knopfdruck auch der Kofferraumdeckel entriegeln. Er schwingt jetzt sanft nach oben. Im Gepäckraum setzt Volkswagen neue Maßstäbe in der Mittelklasse. Ein Trolley wirkt geradezu winzig in dem 565 Liter großen Ladeabteil.

Noch mehr überrascht das Platzangebot im Innenraum. Der Fond hat Oberklasseformat, trotz Schiebedachs gibt es großzügige Kopffreiheit und viel Platz nach rechts und links. Die zusätzlichen sieben Zentimeter Breite ergeben ein völlig neues Raumgefühl. In der Länge hat er ebenfalls zugelegt und ist um sechs Zentimeter auf nun 4,77 Meter gewachsen.

Unterstrichen wird der Eindruck neuer Weite durch das die Horizontale betonende Cockpit. Neu gezeichnete Rundinstrumente, edle Holz- oder Aluminiumapplikationen, neu gestaltete Bedientasten und Drehschalter für Klima und Heizung, hochwertig wirkende Oberflächen – der neue Passat ist so edel, wie bislang nur der luxuriöse Phaeton. Der Sprung in eine neue Designwelt ist innen noch größer als außen.

Die Suche nach dem Zündschloss ist ebenso vergeblich wie die nach einem konventionellen Schlüsselbart bei der Funkfernbedienung. Denn das ganze Gerät wird in eine „Dockingstation“ rechts neben der Lenksäule eingeschoben und damit zur Start- und Stopptaste. Auf die reagiert der neue Passat allerdings erst, wenn man als Fahrer den Gurt angelegt, die Fahrertür geschlossen und die Kupplung – oder bei Automatikgetrieben die Bremse – betätigt hat. Ins Leere geht der Griff zum Handbremshebel. Stattdessen hat der Passat eine elektromechanische Parkbremse. Ein Kopfdruck auf die Taste links vom Lenkrad und die Bremse wird verriegelt oder geöffnet. Letzteres wird sie zudem automatisch beim Anfahren – auch am Berg übrigens, wo die als Wunsch verfügbare „Auto-Hold-Funktion“ zusätzlichen Komfort bietet. Sie aktiviert die Bremse auch ohne Druck auf den Bremsknopf.

Der neue 2.0 TDI mit 125 kW (170 PS) kommt zwar erst im Herbst auf den Markt, für Probekilometer stand er aber schon zur Verfügung. Der Turbodiesel ist ein völlig neu konstruiertes Pumpe-Düse-Triebwerk mit hoch modernen Piezo-Injektoren, zwei Ausgleichswellen und wartungsfreiem Dieselpartikelfilter. Mit 350 Nm Drehmoment bei 1800 bis 2500/min macht er das Auto zum Sprinter. 8,7 Sekunden dauert der Spurt auf Tempo 100 und erst bei 223 km/h kommt die Tachonadel an ihr Limit. Der Durchschnittsverbrauch liegt bei gerade einmal 6,1 l/100 km mit Sechsganggetriebe. Knapp einen halben Liter höher liegt der Verbrauch mit dem automatisierten Sechsgang-DSG-Getriebe. Dass man mit einem Diesel unterwegs ist, erfährt man nur aus dem Fahrzeugschein – hören kann man es ebensowenig wie spüren.

So kann der Passat mit diesem Motor auch zeigen, welche Qualitäten im neu entwickelten Fahrwerk der sechsten Passat-Generation stecken. Noch nie hat es so viel Freude bereitet, einen Passat flott über kurvige Landstraßen zu bewegen, wo man ihn jederzeit sicher im Griff hat. Auf freier Autobahn überzeugt das Auto durch ein Höchstmaß an Fahrkomfort. Und trotz seiner neuen Dimensionen erweist sich die Mittelklasselimousine als verblüffend handlich selbst im dichten Stadtverkehr. Einziges Problem hier sind die gewachsenen Ansprüche an den Parkraum. Aber dank der neuen elektromechanischen Servolenkung bereiten Ein- und Ausparken keine Prpbleme, vor allem dann, wenn man sich für den auf Wunsch erhältlichen Park-Piloten entscheidet.

Auch mit dem kleinsten der neuen direkt einspritzenden Benzin-Motoren ist der Passat ein flottes Auto. Der 1.6 FSI mit 85 kW (115 PS) ermöglicht den Spurt auf Tempo 100 in 11,4 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Die Einstiegsversion, die Ende des Jahres erhältlich sein wird, besitzt den bewährten 1,6-l-Saugrohreinspritzer mit 75 kW (102 PS). Er macht den Wagen 190 km/h schnell und erreicht Tempo 100 in 12,4 Sekunden. Das Modell wird zum unveränderten Preis von 21 800 Euro angeboten – mit umfangreicher Ausstattung einschließlich Klimaanlage. Bislang wurde der Passat 13 Millionen Mal verkauft. Die sechste Generation dürfte diese Zahl noch deutlich steigern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false