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Schule: Aus Bildern lernen

Ob in Deutsch, Geschichte, Kunst oder Fremdsprachen: Immer öfter werden Comics im Unterricht eingesetzt Anregungen für Lehrer gibt es am 21. Februar bei einer Veranstaltung mit Experten im Tagesspiegel

Als mittelalterlicher Landsknecht hatte man es nicht leicht. „Immer müssen wir nach der Pfeife von Wallenstein tanzen“, beklagt sich ein bewaffneter Kämpfer bei seinem Gefährten. „Ist doch gut, endlich eine Abwechslung“, entgegnet der. Die Szene hat der Achtklässler Alexander Wuttig gezeichnet, als Teil einer Bildgeschichte zum Dreißigjährigen Krieg. Er besucht die Heinrich-von-Stephan- Schule in Moabit und hat kürzlich mit seinen Mitschülern im Geschichtsunterricht historische Themen als Comic aufgearbeitet – im Rahmen eines Projekts, das seine Schule mit dem Deutschen Historischen Museum veranstaltet.

Das Projekt ist ein Beispiel für einen Trend, der in den vergangenen Jahren in vielen Schulen zu sehen ist: Immer öfter nutzen Lehrer Comics im Unterricht. Und immer mehr Pädagogen, die einst selbst mit Comics aufgewachsen sind und sich die Freude daran auch als Erwachsene bewahrt haben, bauen dabei nicht nur auf „Asterix“, „Vater und Sohn“ oder andere Genreklassiker, die in früheren Jahrzehnten meist die einzigen Comics im Schulunterricht waren, sondern setzen modernere Werke ein. „Mittlerweile wird dem Comic mehr zugetraut, als Schüler lediglich zu unterhalten, zu belustigen, zu motivieren oder ihnen die Lesearbeit abzunehmen. Mit ihm kann fachlich Relevantes gelernt werden“, sagt der Historiker und Germanist René Mounajed. Der Studienrat hat zum Thema Comics in der Schule promoviert („Geschichte in Sequenzen“, Verlag Peter Lang, 300 Seiten, 49,80 Euro). Zusammen mit Stefan Semel hat er kürzlich zudem eine illustrierte Handreichung veröffentlicht, in der er Geschichtscomics vorstellt und didaktisch aufbereitet hat („Comics erzählen Geschichte“, 76 Seiten mit Bilder-CD, Verlag C.C. Buchner, 24 Euro).

„Comics lassen sich als Unterrichtsmittel in fast allen Fächern sinnvoll einsetzen “, sagt Dietrich Grünewald, Professor für Kunstwissenschaft und einer der führenden Experten bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Comics. Er hat sich dem Thema zuletzt in einem Aufsatz im Sammelband „Medien im Deutschunterricht - Comics und Animationsfilme“ gewidmet (Kopaed-Verlag, 230 Seiten inkl. CD mit Illustrationen, 16,80 Euro).

Der praktische Nutzen von Comics variiert von Fach zu Fach: Für Deutsch zum Beispiel kann die Vermittlung von Literatur vereinfacht und vertieft werden, indem Schüler zu ausgewählten Werken einen Comic erarbeiten, wie der Zeichner Stefan Dinter festgestellt hat. Er vermittelt über das Projekt „Unterricht im Dialog“ Profis aus verschiedenen Literaturbereichen als Dozenten an Schulen. Geschichtscomics können Schülern wiederum das zeigen, was Historiker Mounajed als „De-Konstruktionskompetenz“ bezeichnet – also das Verständnis dafür fördern, wie Geschichte geschrieben wird. Und beim Erlernen von Fremdsprachen, so hat Sprachwissenschaftler Xavier Bihan von der Humboldt-Universität festgestellt, können Schüler „über einen spielerischen, unterhaltsamen Umgang mit der Materie auch mit einem geringen Wortschatz schon sehr schnell erste Erfolgserlebnisse erzielen“.

„Comics sind ein ideales Medium, um Themen fächerübergreifend zu behandeln“, sagt auch Stefan Neuhaus, Kunstlehrer am Leonardo-da-Vinci-Gymnasium in Neukölln. Er hat kürzlich mit seinen Schülern die preisgekrönte Bildgeschichte „Ein Neues Land“ des australischen Zeichners Shaun Tan im Unterricht analysiert und als Grundlage für eigene Bildgeschichten genutzt. In dem Buch geht es um die Erfahrungen einer Einwandererfamilie. Zeitgleich behandelten die Schüler im Englischunterricht das Thema Emigration. Neuhaus sitzt dem Berliner Landesverband des Fachverbands für Kunstpädagogik (BDK) vor, der die Veranstaltung zum Thema am 21. Februar (siehe Kasten rechts) mit dem Tagesspiegel organisiert.

Die neue Wertschätzung des einst als trivial verpönten Mediums im Unterricht, die sich auch in mehreren Comicveröffentlichungen der Bundeszentrale für politische Bildung zeigt, geht mit einer Vielzahl an Fachliteratur einher. So hat die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur eine Wanderausstellung für Schulen zum Thema deutsch-deutsche Teilung konzipiert, die aus Episoden des Zeichners Flix besteht. Die erschienen unter dem Titel „Da war mal was…“ im Tagesspiegel und sind inzwischen als Buch ein Bestseller.

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