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Sybille Volkholz war 17 Jahre lang Lehrerin, bevor sie für die Grünen ins Abgeordnetenhaus ging und Bildungssenatorin wurde. Sie leitete unter anderem den Berliner Fachbeirat Inklusion.

© Mike Wolff

Berlin im Leistungsvergleich: "Lehrer müssen mehr auf die Lernerfolge achten!"

Jeder zehnte Schüler schafft in Berlin keinen Abschluss. Schon Viertklässler sind abgeschlagen. Das muss nicht sein. Ein Appell.

Berlin schneidet, seit es Ländervergleiche der Schülerleistungen gibt, sehr schlecht ab. Dabei ist nicht nur die große Diskrepanz zwischen den leistungsschwachen und leistungsstarken Schüler*innen erschreckend, sondern auch die leistungsstarken bleiben unter dem Level, der in den Schulen anderer Bundesländer erreicht wird. Den hohen Anteil der „Risikogruppe“ kann man noch mit dem hohen Anteil an sozial schwachen Bevölkerungsanteilen erklären, wenn auch nicht hinnehmen. Dass aber insgesamt der Leistungslevel in Berlin unter dem der anderen Länder liegt,  kann nicht mit der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft erklärt werden, sondern er legt die Vermutung nahe, dass die Orientierung an klaren Leistungsstandards in Berlin optimierbar ist. Dieser Befund betrifft nicht nur die integrierten Schulen, sondern auch die Gymnasien. Auch ihre Spitzengruppe ist schwächer als die in anderen Bundesländern.

Es nützt niemanden, das Niveau abzusenken

Die Einführung von zentralen Prüfungen war  ein richtiger Schritt, allerdings nützt er wenig, wenn das Niveau gesenkt wird, damit die Durchfallquote nicht über die Maßen ansteigt. Die Reform der Lehrerbildung, die Verpflichtung dass Grundschullehrkräfte nunmehr Deutsch und Mathematik verbindlich als Fächer studieren ist angesichts der Tatsache, dass 2011 27 Prozent der Viertklässler in Mathematik nicht einmal die Mindeststandards erreichten, ebenfalls richtig.

Es bedarf dringend einer verstärkten Aufmerksamkeit für bessere Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler.

Die Vergleichsarbeiten in den Klassenstufen 3 und 8 sind dafür als Instrument gedacht, Schulen und Klassen darüber Informationen zu liefern, wie sie im Vergleich zum Landesdurchschnitt stehen. Sie sollten Anlass sein, dass Lehrkräfte sich über den jeweiligen Leistungsstand austauschen und Maßnahmen zur Unterrichtsentwicklung beraten. Angesichts des Dauerstreits um dieses Instrument kann vermutet werden, dass es noch nicht optimal in dem intendierten Sinne eingesetzt wird. Es gibt hilfreiche Unterstützung durch das Institut für Schulqualität – die nützt aber nichts, wenn sie nicht genutzt wird.

Schulen sollten ein gezieltes Coaching erhalten

Es braucht mehr positive Anreize, die Auseinandersetzung mit den Standards sowohl in der Berliner Lehrerschaft, wie bei Schülern und Eltern zu fördern. Schulen könnten an vorhandene Netzwerke andocken und sich die „Verantwortung für die Leistungen ihrer Schüler*innen“ ins Programm aufnehmen. Dazu sollten sie mit entsprechendem Coaching unterstützt werden.

Ohne Zweifel sind der bauliche Zustand der Schulen und die Versorgung mit Lehrkräften in den nächsten Jahren ein brennendes Thema, sie dürfen aber nicht die Kernaufgabe der Schule, Kinder und Jugendliche für ein selbstbestimmtes Leben zu befähigen aus dem Blickfeld geraten lassen.

Dazu braucht es  vor allem die Bereitschaft der Pädagogen, die optimale Förderung der Kinder und Jugendlichen zu ihrem eigenen Anliegen zu machen, es zum professionellen Selbstverständnis werden zu lassen. „Wir sind für die Qualität unserer Schulen verantwortlich.“, war die Aussage einer schwedischen Gewerkschaftsfunktionärin, die man sich auch hier wünscht.

„Wir schaffen das!“ könnte auch für die Steigerung der Lernerfolge der Berliner Schüler*innen für die nächsten Jahre ein Leitthema der Bildungspolitik und der Schulen werden.

Sybille Volkholz

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