zum Hauptinhalt
Evangelische Schule

© Spiekermann-Klaas

Berlin-Mitte: Neues Leben im alten Plattenbau

In das Gebäude der ehemaligen Oberschule am Köllnischen Park ist gestern die Evangelische Schule Berlin-Zentrum eingezogen.

Huckepack funktioniert es dann doch: Neun Kinder passen tatsächlich auf ein ziemlich kleines Stück Stoff und schaffen es sogar, das Tuch auf die halbe Größe zu falten – während sie darauf stehen. „Das geht gar nicht“, hatte Leander noch kurz vorher gesagt, als Lehrerin Caroline Treier die Aufgabe stellte. Doch dann nahm Lucas den kleineren Leander einfach auf seine Schulter, zwei andere Schüler machten es genauso.

Montagvormittag, erster Schultag. Für viele bedeutet das: neue Schule, neue Mitschüler. Aber für Leander, Lucas und die anderen 16 aus ihrer Klasse ist alles noch etwas neuer als für andere: Sie sind die ersten Schüler der neu gegründeten Evangelischen Schule Berlin-Zentrum, die an diesem Tag mit einer siebten Klasse eröffnet wird. Und diese Schule ist etwas Besonderes: Eine Reformschule, die am Modellversuch Gemeinschaftsschule teilnehmen will mit einem ganz besonderen Programm: Verantwortung übernehmen ist hier zum Beispiel ein Schulfach. Träger des Projektes ist eine Elterninitiative, die schon drei evangelische Grundschulen in Berlin gegründet hat. Fast wäre die Oberschule nicht zustande gekommen, es gab Probleme, ein Gebäude zu finden, das Bezirksamt war zunächst nicht sehr hilfreich. Im letzten Moment fand sich dann doch ein teilweise leer stehender Plattenbau an der Wallstraße in Mitte, früher war dort eine öffentliche Oberschule.

Drinnen riecht es nach Farbe, die Wände sind noch kahl, und im Büro von Schulleiterin Margret Rasfeld gibt es statt eines bequemen Direktorensessels nur einen alten Schülerstuhl. In den Klassen fehlen Tafeln und Papierkörbe. Im Sekretariat stapeln sich Kartons, ein Festnetz-Telefon gibt es noch nicht, stattdessen ein Schulhandy – „für den Übergang“, sagt Margret Rasfeld. Aber über die Probleme redet sie gar nicht so gern. Sondern viel lieber über den „Tag der Geburt“, so nennt sie den ersten Schultag. Deshalb hat sie auch ein paar Geschenke mitgebracht: Für jeden Schüler ein Umweltkinderbuch, in das sie eine Widmung geschrieben hat, und ein lila Kärtchen mit einem Stern, der im Dunklen leuchtet. Darunter steht das Wort „Mut“. So eine Karte haben auch die vier Lehrer von ihr bekommen. Das hat anscheinend geholfen: „Wir sind gleich richtig gut dabei“, sagt Lehrerin Carolin Treiber und verteilt nach dem Kennenlernspiel mit den Stoffstücken das Mittagessen – Nudeln mit Tomatensauce.

Leander hat seinen Teller schnell leer und erklärt, wie gut er das Essen und das Spiel fand: „Gleich richtiger Unterricht am ersten Tag wäre doof gewesen. Man muss sich doch erst mal aneinander gewöhnen.“ Damit sich die Schüler kennenlernen, tragen alle einen selbst beschriebenen Aufkleber auf der Brust, mit dem Namen und ein paar Eigenschaften: Leander war da sehr ehrlich: „vorlaud“ hat er in sehr freier Rechtschreibung geschrieben und „faul“. Aber das wird sich in bestimmt bald ändern.Daniela Martens

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false