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Mehr als 500 Berliner Referendare hätten eigentlich nicht eingestellt werden dürfen.

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Berliner Haushalt: 550 Lehramts-Referendare rechtswidrig eingestellt

Mehr als 500 Berliner Referendare hätten eigentlich gar nicht eingestellt werden dürfen. Die Bildungsverwaltung stand wegen drohenden Lehrermangels unter großem Druck.

Die Einstellung von rund 550 Referendaren zum 1. Februar war rechtswidrig, weil es noch keinen verabschiedeten Haushalt für 2012 gibt. Dies verstoße gegen die Haushaltshoheit des Abgeordnetenhauses, heißt es in einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts, der am Freitag bekannt gegeben wurde. Demnach rechtfertigte der absehbare Berliner Lehrermangel nicht die Einstellung zum jetzigen Zeitpunkt. Die Referendare bleiben aber im Dienst, weil sie längst ihre Verträge und Ernennungsurkunden erhalten haben. Entlassen werden können sie nicht.

Laut Landeshaushaltsordnung dürfen in der Zeit ohne Haushalt nur „unbedingt notwendige und unaufschiebbare Ausgaben“ finanziert werden. Dies gilt etwa für die Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebes. Allerdings befindet das Gericht, dass diese Aufgabe auch mit „temporären Aushilfskräften“ erfüllt werden könnte. Die Referendare hingegen erhalten Verträge für zwei Jahre. Zudem erteilen sie nur rund sieben Stunden Unterricht, werden also in erster Linie ausgebildet.

Die Bildungsverwaltung beharrt dennoch darauf, dass die Einstellung der Referendare unaufschiebbar war: Angesichts des absehbaren Lehrermangels müsse schon jetzt mit der Ausbildung begonnen werden. Zudem würden die Ausbildungskapazitäten gar nicht ausreichen, um ab Sommer die doppelte Anzahl von Referendaren zu verkraften, denn zum neuen Schuljahr rücken bereits die neuen Lehramtsanwärter nach.

Anlass für den Beschluss war die Klage eines abgewiesenen Bewerbers, der keinen Referendarsplatz bekommen hatte. Er wollte mit Hilfe des Gerichts seine Einstellung durchsetzen. In der Vergangenheit hatten ähnliche Klagen meist zum Erfolg geführt, weil es im Lehrerbildungsgesetz eine Schwachstelle gibt: Dort ist nicht eindeutig geregelt, inwieweit Referendare in Mangelfächern wie Latein oder Physik überproportional eingestellt werden dürfen, wenn es in den anderen Fächern Bewerber gibt, die als familiären, gesundheitliche oder sozialen Gründen als Härtefälle eingestuft werden müssen. Dem Vernehmen nach, wird das Lehrerbildungsgesetz zurzeit überarbeitet, um diese Schwachstelle zu eliminieren.

Im konkreten Fall erhielt der Antragsteller allerdings kein Recht. Und zwar deshalb, weil mangels Haushalt eben überhaupt kein Referendar hätte eingestellt werden dürfen. Im Gerichtsbeschluss heißt es: „Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht“ (VG 7 L 485.11). Gegen die Entscheidung ist Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht zulässig.

Darüber hinaus wurde am Freitag bekannt, dass das Land Berlin in diesem Jahr mehr Lehrer einstellen darf als bisher bekannt. Im Dezember 2011 hatte Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) angekündigt, zum Februar dieses Jahres 350 neue unbefristete Lehrerstellen zu schaffen. Nach Angaben der Bildungsverwaltung werden im Laufe des Jahres weitere Lehrer nach Bedarf eingestellt. Dies sei nichts Ungewöhnliches, ausscheidende Lehrkräfte würden wie in den vergangenen Jahren ersetzt, sagte Sprecherin Beate Stoffers. Wie viele Lehrer ausscheiden und wie viele Einstellungen nötig seien, lasse sich voraussichtlich Ende Mai sagen. Die Zusage von Scheeres über die 350 zusätzlichen Stellen sei im Dezember vor dem Hintergrund der vorläufigen Haushaltswirtschaft erfolgt, um den Schulen Planungssicherheit zu geben.

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