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Gute Unterhaltung beim Datensammeln. Für die Schülerdatei werden Angaben über alle Berliner Schüler gespeichert.

© ddp

Bildungsverwaltung: Schülerdatei entsteht in Handarbeit

Jetzt beginnt der Aufbau der Datenbank über die 350.000 Schüler der Stadt. Das Projekt der Senatsbildungsverwaltung ist umstritten.

Ab September sollen Mitarbeiter der Senatsbildungsverwaltung an alle 720 Berliner Schulen gehen, um die Daten für die Schülerdatei einzusammeln. Die Datei, die hitzig diskutiert wurde und die bereits zum vorigen Schuljahr hätte starten sollen, wird damit in einer ersten Phase quasi per Hand aufgebaut. „Im Lauf der ersten Wochen des neuen Schuljahrs wird der gesamte Datenbestand von rund 350.000 Schülern digital vorliegen“, sagte Michael Wilmes, Projektleiter in der Senatsbildungsverwaltung.

Acht Wochen lang sollen nun sieben Mitarbeiter mit Laptops unterwegs sein und jeweils 16 Daten zu allen Schülern abholen. „Ein Abholer schafft vier Schulen am Tag“, sagte Wilmes. Abgefragt werden dabei neben Name, Anschrift und Angaben zum Erziehungsberechtigten auch Daten zu auffälligem Schwänzen, nicht-deutscher Herkunftssprache oder der Lernmittelbefreiung aus sozialen Gründen. Die Daten, die zum Teil schon vorliegen, würden verschlüsselt, sagte Wilmes. So sei die Datensicherheit gewährleistet.

Das Vorgehen sei seit Mai in mehreren Treffen mit den obersten Datenschützern Berlins abgestimmt worden. Von dort allerdings heißt es, man sei über die erste Phase, das „Einsammeln von Schülerdaten per Hand“, erst durch mehrere Schulen informiert worden. Man prüfe nun, ob dies rechtlich zulässig sei.

Im nächsten Schritt werden die Daten elektronisch übermittelt, etwa als verschlüsselte Mail. Dies soll nach dem Anmeldeschluss für das nächste Schuljahr nach den Winterferien möglich sein, sagte Projektleiter Wilmes. Damit wäre eines der Ziele der Schülerdatei erreicht: Anhand der exakten Schülerzahlen könne der Bedarf an Lehrern frühzeitig ermittelt werden. Ein weiteres Ziel – die Zusammenarbeit mit Polizei, Jugendämtern oder Strafverfolgungsbehörden – soll schon jetzt in Angriff genommen werden. Noch im September gebe es ein Koordinationstreffen, so Wilmes.

Bis Ende nächsten Jahres sollen außerdem die Computersysteme der Berliner Schulen vereinheitlicht werden. Zusätzlich soll eine überwiegend einheitliche Verwaltungssoftware eingeführt werden. Bereits seit Montag sind acht Berater unterwegs, um den Schulen zu zeigen, wie die Daten künftig elektronisch ein- und weitergegeben werden können. Die Schulen könnten diese Beratung bis Ende Oktober in Anspruch nehmen, so Wilmes. 318 Schulen hätten bereits Bedarf angemeldet.

Die Schülerdatei war im Vorfeld heftig kritisiert worden. Die Grünen befürchten den „gläsernen Schüler“, die FDP hält Teile der Daten für stigmatisierend. Nach Meinung des grünen Bildungsexperten Özcan Mutlu werden weder das Schwänzerproblem gelöst noch der Unterrichtsausfall bekämpft. „Solange nicht genügend Lehrer vorhanden sind, bringt das gar nichts“, sagte er.

Auch Schulleiter äußerten Zweifel. „Ich gehe nicht davon aus, dass etwa Mehrfachanmeldungen von Schülern damit verhindert werden“, sagte der Vorsitzende der Berliner Schulleitervereinigung, Paul Schuknecht. Dennoch halte er es „bei allen datenschutzrechtlichen Bedenken für nötig, das System zu vereinfachen.“ Auch Pit Rulff, der die berufsbildenden Schulen vertritt, sagte, er befürworte eine Vereinfachung der Abläufe. Es sei jedoch oberstes Gebot, die Sicherheitsstandards zu gewährleisten.

Ralf Treptow, Vorsitzender des Verbands der Oberstudiendirektoren, sagte, die Schulen würden für Aufbau und Pflege der Datei keine zusätzliche Arbeitszeit zur Verfügung stellen. Vonseiten der Verwaltung hieß es dazu, nur wenigen Schulen wie etwa kleineren Grundschulen, die ihre Daten bislang auf Karteikarten führten, entstehe zusätzliche Arbeit. Bei allen anderen Schulen gebe es keinen Mehraufwand, wenn die Daten abgeholt würden.

Die Schülerdatei ist eines der Schlüsselprojekte der Bildungsverwaltung, die unter dem Motto „eGovernment at School“ laufen. Dabei soll die Nutzung von Informationstechniken an Schulen sowie die Zusammenarbeit von Schulen und Verwaltung modernisiert werden. Die Kosten für „eGovernment at School“ liegen bei rund 23 Millionen, die Schülerdatei kostet rund eine Million.

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