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Schule: Bloß keine Umstände – die Stadt ist stressig genug

Ältere Menschen wollen bequem einsteigen und sicher fahren – aber sie mögen keine langweiligen Autos

Ein Senioren-Auto ist eine klassische Stufenhecklimousine, auf der Heckablage findet eine Rolle Toilettenpapier in gehäkelter Hülle ihren Platz – und der Fahrer trägt selbstverständlich einen Hut. So lebendig dumme Vorurteile immer noch sind; sie haben wenig mit den tatsächlichen Bedürfnissen älterer Autofahrer zu tun, wenn es um einen Neuwagen geht. Und weil die Zahl der reifen Autokäufer wächst, müssen sich die Hersteller mehr als bisher auf diese zahlungskräftige Klientel einstellen. Zwar hat sich noch kein Anbieter getraut, mit einem speziellen Modell für Ältere oder Alte zu werben – aber im Hintergrund werden die Konstrukteure längst auf die zukünftige Zielgruppe Nummer eins geeicht.

„Wir gehen davon aus, dass bereits im Jahr 2015 mehr als ein Drittel der Autokäufer älter als 60 Jahre ist“, sagt Prof. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center of Automotive Research an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Was heißt das für die Modellpolitik? Drängen immer mehr Langweiler auf die Straßen? Im Gegenteil: „Die alten Menschen sind heute anders“, so Dudenhöffer. „Sie wählen Autos danach aus, dass sie für ihre Anforderungen geeignet sind – aber auch danach, dass sie damit jung erscheinen.“ Objekt der Begierde wird daher nicht die Limousine sein. Vielmehr rechnet der Experte stark mit einer steigenden Nachfrage nach so genannten Sport Utility Vehicles (SUV) wie dem Toyata RAV 4.

Diese Fahrzeuge mit angedeuteter Geländewagenoptik erfüllen mehrere Wünsche, die der Klientel zugeschrieben werden: erhöhte Sitzposition, gute Rundumsicht. „Die Autos vermitteln ein Gefühl von Abenteuer, aber zugleich von Sicherheit“, erklärt Dudenhöffer. Gerade dieser Punkt steht weit oben auf der Wunschliste älterer Autokäufer, bestätigt Marion Steinbach von der Deutschen Verkehrswacht (DVW) in Bonn.

„Wichtig ist außerdem natürlich der Komfort“, sagt Steinbach. „Das fängt bereits mit dem bequemen Ein- und Aussteigen an.“ Dies ist bei einem Sportwagen natürlich schwieriger zu realisieren, als in einem Geländewagen-Verschnitt, bei dem die Türen höher liegen und sich weiter öffnen lassen. Noch einfacher haben es ältere Menschen bei Wagen mit Schiebtüren, die Zusteigen ohne Verrenkungen ermöglichen. Neues Beispiel für die Stadt: Der 1007 von Peugeot, der zwar nur zwei Türen hat. Die aber schieben sich vollelektronisch zur Seite und bieten leichten Einstieg vorne wie hinten. Ohnehin gilt, dass ein Auto besser „passen“ muss, je älter ein Mensch ist, meint Johannes Hübner vom Automobilclub von Deutschland (AvD) in Frankfurt/Main. Der bequeme Einstieg sei dabei nur ein Faktor. Zusätzlich geht es auch noch darum, das Interieur an die individuellen Bedürfnisse anpassen zu können. „Dazu zählen vielfältige Verstellmöglichkeiten für Sitze und Lenkrad.“ Beim AvD hat man mittlerweile eine Liste von Anforderungen zusammengestellt, die als Kriterien für ältere Käufer gelten können. Danach sollte zum unangestrengten Ein- und Aussteigen die Sitzhöhe mindestens 60 Zentimeter über der Fahrbahn liegen, die Einstiegshöhe sollte mindestens 120 Zentimeter betragen.

Immer wichtiger werden elektronische Hilfen. Die machen mit fortschreitendem Alter Sinn: „Je älter man ist, desto stärker werden Beeinträchtigungen zum Beispiel bei der Reaktionsfähigkeit oder beim Sehen“, sagt Prof. Dudenhöffer, „unsichtbare Fahrassistenten sind daher immens wichtig.“ Ob Nachtsichtsysteme, Abstandshilfen oder Spurwarner – Ältere schauen die Aufpreislisten besonders genau an. gms

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