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Schule: Brahms trifft Kakerlake

Das Programm „Sing!“ bringt Musik in Berlins Schulen. Am Wochenende gibt es vier große Konzerte.

In dieser Stunde dürfen die Schüler der 3b der Anna-Seghers-Schule in Treptow einmal richtig gähnen. Sie sollen es sogar und den Mund dabei möglichst weit öffnen. Denn so macht sich auch Sascha Glintenkamp, Bass im Berliner Rundfunkchor, jeden Morgen zum Singen warm. 15 Mitglieder des Rundfunkchors besuchen wie er in diesem Schuljahr als „Sing-Paten“ Berliner Schulklassen, singen mit den Schülern und erzählen von der eigenen Arbeit. Pro Schuljahr sind drei Besuche geplant, insgesamt machen 75 Schulklassen mit.

Glintenkamp begrüßt die 3b mit „La Cucaracha“ (spanisch für Kakerlake) und zeigt, wie er unterschiedliche Klänge allein durch seine Stimme und Klopfen am Körper erzeugen kann. Später singt er eine Stelle aus dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Wenn er sich mal versinge, beantwortet Glintenkamp die Frage eines Schülers, könne er sich darauf verlassen, dass die anderen 13 Bassisten den Ton richtig treffen. „Und wenn mal alle falsch singen?“, hakt eine Schülerin ungläubig nach. Das könne auch mal passieren, sagt Glintenkamp, aber meistens stimme dann der nächste Ton.

Die Sing-Patenschaften sind ein Teil des musikpädagogischen Programms „Sing!“, mit dem der Rundfunkchor Berlin das gemeinsame Singen an Berliner Schulen wieder stärken möchte. Dazu gehört noch mehr als die Sing-Patenschaften: In Kooperation mit Musikschulen werden in diesem Schuljahr in sieben Bezirken an zehn Grundschulen eigene Schulchöre betreut. Gleichzeitig lernen die Klassenlehrer in eigenen Workshops dasselbe Liederrepertoire wie die Schüler, ohne Noten, rein nach Gehör. Die Lehrer bekommen Stimmtraining und erfahren, wie sie das Singen im Schulalltag einbauen können. Und am kommenden Wochenende bekommen alle Beteiligten die Chance, ihr neues Können vor Publikum zu zeigen: Bei der Liederbörse im Haus des Rundfunks singen 1400 Berliner Schüler von 30 Grund- und Oberschulen gemeinsam mit dem Rundfunkchor.

Oft fehlt es schlicht am Vertrauen in die eigene Stimme, glauben die Organisatoren von „Sing!“. An vielen Berliner Schulen unterrichten laut Ulrike Röck, der pädagogischen Leiterin, Lehrer, die selbst keine musikalische Ausbildung haben. Aus Scheu, alleine zu singen, würden sie oft auf CDs mit Kinderliedern zurückgreifen, sagt Röck. Manche dieser Aufnahmen seien aber zu tief und deswegen auf Dauer sogar schädlich für die natürliche helle Stimme der Kinder. Durch den Besuch der Sing-Paten sollen die Schüler erfahren, wie eine ausgebildete Stimme ganz ohne Verstärker oder technische Bearbeitung klingen kann. Und am Wochenende bringen sie dann ihre eigenen Stimmen auf ganz großer Bühne zum Klingen. Katharina Ludwig

Die Konzerte mit Grundschülern der diesjährigen Liederbörse finden am Sonnabend, 9.3. um 11 und 16 Uhr sowie am Sonntag, 10.3. um 16 Uhr im Großen Sendesaal statt (Haus des Rundfunks, Masurenallee 8-14, 14057 Berlin). Die Karten kosten im Vorverkauf 10 Euro, an der Kasse für Kinder 5 Euro. (Das Konzert der Oberschüler am 8.3. ist bereits ausverkauft.) Der Besucherservice des Rundfunkchors hat die Telefonnummer 030/20298722.

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