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Die Leiterin der Herman-Nohl-Schule aus Britz, Ilona Bernsdorf, sitzt mit Kindern einer Jül-Klasse an einem Mathelernteppich.

© Theo Heimann

Britzer Schule für den Deutschen Schulpreis nominiert: Ein Vorbild aus Berlin-Neukölln

Am kommenden Montag wird der Deutsche Schulpreis verliehen. 15 Schulen sind in der Endrunde. Die Herman-Nohl-Schule aus Neukölln kann als einzige aus Berlin den Preis gewinnen. Was macht sie richtig?

Für kommenden Montag hat Ilona Bernsdorf in der Turnhalle ein Public Viewing geplant. Dann wird in Berlin der Deutsche Schulpreis vergeben und Bernsdorf, die Schulleiterin der Herman-Nohl-Schule in Britz, will, dass von ihrer Schule nicht nur eine kleine Delegation aus Schülern und Lehrern dabei sein kann. Die Herman-Nohl-Schule, die in einem Haus eine Grundschule, eine deutsch-italienische Europaschule und ein sonderpädagogisches Förderzentrum vereint, ist eine der 15 Schulen in der Endrunde. Sie ist dieses Jahr die einzige aus Berlin und seit 2006 – seit der Deutsche Schulpreis von der Robert-BoschStiftung und der Heidehof-Stiftung vergeben wird – die erste nominierte Schule aus Neukölln. Egal wer gewinnt, sagt Bernsdorf, ihre Schule feiert am Montag.

Der Deutsche Schulpreis würdigt herausragende Schulen aus ganz Deutschland mit „umfassendem Bildungsverständnis“. Zu den Kriterien gehören neben Leistung und Unterrichtsqualität der Umgang mit Vielfalt, Verantwortung, das Schulleben und die Schule als lernende Institution. Für den ersten Platz gibt es ein Preisgeld von 100 000 Euro.

„Nah an den Kindern sein“, lautet eines von Bernsdorfs Credos. 400 Kinder und Jugendliche mit über 30 Nationalitäten lernen hier, auf dem Schulhof treffen Fünf- und Sechsjährige auf 17- und 18-Jährige. Wenn ein Schüler neu an die Schule kommt, erzählt die 57-jährige Bernsdorf, sind die Eltern manchmal überrascht, dass sie zuerst mit dem Kind spricht und nicht mit ihnen. Bernsdorf will die Kinder nicht über den Schülerbogen kennenlernen. Sie fragt sie, was sie sich von der Schule wünschen und wo es bisher Probleme gab. „Ernst genommen und nicht angemeckert zu werden“, sei eine häufige Antwort.

Ilona Bernsdorf hat sich vor acht Jahren bewusst an einer Neuköllner Schule als Schulleiterin beworben. Anfangs habe sie Probleme gehabt, gute Lehrer zu gewinnen. Wie Schülern bei ihren Aufgaben müsse man Lehrern auch das Gefühl geben, dass sie pädagogische Verantwortung wahrnehmen können. „Keiner hat gesagt: das wird leicht“, steht auf einem roten Schild an einem Schrank in ihrem Büro. Ein Kollege hat es in der Zeit der Bewerbung um den Schulpreis mitgebracht. Um etwas zu verändern, braucht es nicht nur gute Worte, sondern Einsatz. Gemeinsam mit 23 Lehrern hat sie deshalb vor drei Jahren innerhalb eines Schuljahres eine Ausbildung in Montessori-Pädagogik gemacht. Sie könne nicht einfach 15 Angebote aus dem Internet ausdrucken und verteilen, sagt Bernsdorf, dann sei sie nicht mehr authentisch.

Schulleiterin Ilona Bernsdorf zeigt ein Holz-Rechenspiel, das Kinder in einer Schülerfirma selbst hergestellt haben.
Schulleiterin Ilona Bernsdorf zeigt ein Holz-Rechenspiel, das Kinder in einer Schülerfirma selbst hergestellt haben.

© Theo Heimann

„Sich und die Schule positiv ausrichten“, daran hat sie in den letzten Jahren gearbeitet. In Projektwochen arbeiten Schüler aller Altersgruppen und über die verschiedenen Schulzweige hinweg zusammen. Die Themen richten sich nach den Wünschen der Schüler. „Kein Fertigfutter“, sagt Bernsdorf. Die Ergebnisse werden der Schulgemeinde vorgestellt und gewürdigt. Ältere Schüler werden Paten für AGs von jüngeren. In einer Schülerfirma lernen Schüler, abstrakte Lerninhalte in Spielen umzusetzen. Sie bekommen Aufträge aus den Klassen und übergeben selbst die fertigen Stücke. In einer Jül-Klasse steht zum Beispiel ein Rechenspiel mit handgeschliffenen Holzsteinchen bis zur Zahl 100. „Jedes Kind möchte einen guten Beitrag zur Schulgemeinschaft leisten“, sagt Bernsdorf.

Die Schule ist auch ganz vorn dabei, was die IT-Ausstattung angeht. In jedem Klassenzimmer gibt es Smartboards, und die Schüler sind davon begeistert. Ulrike Kegler, die die 2007 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnete Montessori-Oberschule Potsdam leitet, hat als Jurymitglied die Herman-Nohl- Schule besucht. Ihr ist die „sehr entspannte Atmosphäre“ aufgefallen, „in der gleichzeitig intensiv gearbeitet wird“. Besonders beeindruckt habe sie eine Szene, als eine Lehrerin kurz das Klassenzimmer verlassen musste: Manche Schüler fingen an, leise zu reden, ein Schüler aber begann leise zu singen, während er weiterarbeitete. Niemand habe sich gewundert oder ihn gar ausgelacht. „Er konnte so sein, wie er ist“, war Keglers Eindruck.

„Inklusion ist eine Haltung“, sagt Bernsdorf. Schule müsse den unterschiedlichen Schülern viele unterschiedliche Angebote machen: Es gibt eine Lesewoche, eine Bewegungswoche, ab nächstem Jahr auch eine Forscherwoche. Die Schüler sollen in Bewegung lernen, mit allen Sinnen. Während des Unterrichts schnappt sich die Jül-Klasse zum Beispiel einen Teppich und rechnet um die Ecke im Flur. Die Schüler können sich nach Bedarf zwischendurch in einen Entspannungsraum zurückziehen, dort gemeinsam autogenes Training machen oder sich in den Schulgarten setzen, der von einer Schülerfirma versorgt wird. Dort arbeitet auch der 15-jährige Maximilian. Über die Frage, was ihm an der Schule gefalle, schmunzelt er. „Na, alles“, sagt er.

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