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Schule: Das Brennstoffzellenauto mit der Seriennummer eins

DaimlerChrysler stellt den F-Cell vor und Ford mit ähnlicher Technik den Focus FCEV Hybrid

Ein Auto, aus dessen Auspuff nichts weiter herauskommt als Wasserdampf - das ist der Traum, der derzeit bei so gut wie jedem Hersteller geträumt wird. Ein Traum, der ganz konkrete Chancen hat, schon in einigen Jahren zur Realität zu werden. Die Technik, die das möglich machen soll, ist die Brennstoffzelle. In ihr reagieren Wasserstoff und Sauerstoff miteinander - aber nicht als heiße Verbrennung, sondern leise und bei moderaten Temperaturen unter 100 Grad Celsius. Das Produkt ist in beiden Fällen Wasser. Aber statt Verbrennungswärme liefert die kalte Variante elektrischen Strom. Strom, den man direkt an Bord von Fahrzeugen erzeugen kann und der Elektromotoren antreibt.

Vor acht Jahren stellte Mercedes-Benz sein erstes Necar (New electric car) genanntes Brennstoffzellenauto vor, einen Transporter MB 100, dessen gesamtem Laderaum die Brennstoffzellenanlage füllte. Seitdem gelang es, den Entwickler, diese Technik kontinuierlich zu verkleinern. Und nach vielen Forschungsfahrzeugen, die als Personenwagen Necar 2 bis 5 sowie Jeep Commander 2 und Chrysler Natrium, als Busse und Transporter Nebus und Hermes Sprinter immer neue Entwicklungsstufen zeigten, stellte DaimlerChrysler jetzt den F-Cell vor. Er ist ein A-Klasse-Mercedes in Langversion, mit dem man das Forschungsstadium verlässt. So gab man ihm die Seriennummer 1. Denn so wie er ist, wird eine erste Kleinserie von 60 Brennstoffzellenautos gebaut, die in den nächsten Jahren in Kundenhand ihre Alltagstauglichkeit beweisen sollen – in Flotten in Europa, den USA, Japan und Singapur. Und mit 30 Fahrzeugen eine weitere Kleinserie legt man vom Citaro-Stadtbus auf, mit dem die Brennstoffzellentechnik von zehn europäischen Metropolen im öffentlichen Personennahverkehr erprobt werden soll.

Es war schon beeindruckend, erstmals am Steuer des F-Cell zu sitzen und zu spüren, wie reif diese Technik heute ist, die komplett im Sandwichboden dieses Autos untergebracht ist. Nach nur 16 Sekunden erreicht man mit dem 65 kW leistenden Elektromotor Tempo 100, und wer weiter „Saft" gibt, kann bis zu 140 km/h fahren. Und das mit überraschend schnellen Ansprechzeiten von weniger als einer Sekunde nach dem Tritt aufs Gaspedal. Fast verschwunden sind die früher lauten Geräusche der elektrischen Leistungssteuerung und des Kompressors, der die Reaktionsgase in die Brennstoffzelle drückt. Dieses Auto ist alltagstauglich. Einen Beweis für solche Alltagstauglichkeit legt seit einem Jahr der vom Hermes-Versand eingesetzte Brennstoffzellen-Sprinter ab.

Was für DaimlerChrysler der F-Cell ist, das ist für Ford der Focus FCEV Hybrid. Ein Brennstoffzellenauto, dessen Antriebsstrang weitgehend mit dem des F-Cell identisch ist, denn beide Unternehmen arbeiten mit dem kanadischen Brennstoffzellenspezialisten Ballard in einem Joint-Venture zusammen. Etwas größer ist beim Focus der Tank für den auf 350 bar komprimierten Wasserstoff und damit auch die Reichweite von mehr als 300 Kilometern – der F-Cell schafft gut die Hälfte. Auch am Steuer des Ford bestätigte sich, wie leise die Technik heute arbeitet. Besonderes Kennzeichen des FCEV ist eine große 216-Volt-Batterie, in die unter anderem auch die beim Bremsen erzeugte Energie eingespeist wird. Eine Batterie, die beim Beschleunigen als „Booster" zusätzlichen Strom liefert, so dass der Focus schon nach 13,5 Sekunden Tempo 100 erreicht. Auch er ist kein Forschungs- und Experimental-Fahrzeug mehr, sondern serienreif für die erste Kleinserie.

Trotzdem ist Zurückhaltung angebracht. Denn mit dem Brennstoffzellenautos für jedermann rechnet man bei beiden Unternehmen frühestens vom Jahr 2010 an. Denn so groß die Fortschritte der letzten acht Jahre auch sind – es gibt noch eine Vielzahl ungelöster Probleme. Noch nämlich sind die Autos mit der Brennstoffzelle viel zu schwer und vor allen Dingen auch viel zu teuer. Denn die derzeitigen Kosten für das Herzstück dieser Autos, das „Stack“ genannte Brennstoffzellen-Modul, liegen noch bei mehreren Hunderttausend Euro. Und auch Zuverlässigkeit und Dauerhaltbarkeit dieser Technik sind ebenso offen wie die Frage, mit welchen „Betriebsstoffen" Brennstoffzellenautos einmal betankt werden können. Ideal wäre Wasserstoff, und zwar mit nachhaltigen Techniken erzeugter. Dann aber braucht man eine Wasserstoff-Infrastruktur. Möglich wäre Methanol. Das verlangt Reformer an Bord der Fahrzeuge, die daraus Wasserstoff abspalten. Denkbar ist unter ähnlichen Bedingungen auch das Tanken von Benzin.

Die nächsten Jahre sollen Antworten auf diese und viele weitere Fragen bringen. Doch dass Brennstoffzellenautos funktionieren und machbar sind, das steht inzwischen fest. Nun muss man so lange weiter entwickeln, bis sie eine auch preislich überzeugende Alternative zu einem modernen direkt einspritzenden Turbodiesel bieten. Es gibt noch viel zu tun. Ingo von Dahlern

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