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Schule: Der elegante Franzose

Seit kurzem rollt der Vel Satis von Renault in einer überarbeiteten Version über die Straßen. Die große Limousine passt gut zu edel-sportlichen Designer-Anzügen – und unordentlichen Kindern

Besonders für Mütter ist das natürlich ein Traum: Ein Auto, das sich selber aufräumt. Da können sie ihren Kindern immer sagen: „Wenn ihr so schön ordentlich seid wie der Vel Satis, der nach jeder Fahrt den Fahrersitz wieder in die Ausgangsposition bringt und den rechten Außenspiegel auch, dann werdet ihr vielleicht auch mal so groß und stark.“ Immerhin 130 kW (177 PS) hat er in der 3-Liter-dCi-Version, fährt 210 km/h, damit kann man auf der Autobahn schon einiges hermachen.

Die Franzosen sind passionierte Ästheten. Das Auto ist also groß, ohne dabei protzig zu wirken, elegant geschwungen. Und man hat eine gute Sicht. Dafür muss man in Zeiten, wo viele Designer vor allem auf die Goldmedaillen bei den Crash-Test-Olympiaden fixiert sind und die Fenster am liebsten ganz abschaffen würden, ja wirklich dankbar sein. Obwohl man nach allen Seiten gut sehen kann, haben die Ingenieure des Vel Satis dennoch die Bestnote bei einem unabhängigen Crashtest erzielt.

Es ist eine robuste Eleganz, die sich da vermittelt, sie passt gut zu edel-sportlichen Designer-Hosenanzügen. Der Vel Satis, der seit kurzem in einer überarbeiteten Version auf dem Markt ist, liegt einige entscheidende Zentimeter höher als normale Limousinen und gibt dem Fahrer damit etwas von dem trendigen Geländewagenfahrgefühl. Aber nur angedeutet, was eigentlich ganz schick ist. Die einigermaßen wuchtigen Ausmaße legen nahe, dass dieses Auto eher für die Provence denn für Paris gebaut ist, eher für den brandenburgischen Speckgürtel als für Berlin. Immerhin 4,86 Meter Länge und 1,86 Meter Breite wollen ja manövriert werden. Dafür fasst der Kofferraum aber auch 460 Liter, bei umgelegter Rückbank sogar in etwa das Dreifache. Allein an die Stadt wäre diese Limousine wirklich verschwendet, denn die Sportlichkeit verlangt geradezu danach, auch mal lustvoll durch die tiefen Pfützen unbefestigter Straßen zu fahren. Man kommt dank der akustischen Einparkhilfe allerdings auch mitten im Zentrum und in Parkhäusern ganz gut und kratzfrei in Parklücken hinein.

Überhaupt ist es ein Auto, das bei aller Wuchtigkeit auch was Behagliches hat. Die handvernähten schiefergrauen Ledersitze mit dicken weißen Nähten und das helle Erlenholz am Lenkrad wirken wohnlich, und das Navigationssystem kann man sich so einstellen, dass der große Bildschirm einem immer die Umgebung zeigt, in der man gerade herumfährt. Das Armaturenbrett ist nicht unnötig aufgemotzt, viele, ausreichend große Schalter zum Bedienen etwa der neuen Audio- und Navigationstechnik befinden sich übersichtlich angeordnet und bequem zu erreichen auf der Mittelkonsole. So einfach zu bedienen ziehen sie nicht unnötig die Blicke von der Straße ab. Die in dieser Klasse normale Cockpit-Optik wird zugunsten einer übersichtlichen Bedienbarkeit deutlich abgemildert.

Statt Zündschlüssel gibt es nur noch einen Startknopf und eine Chipkarte. Setzt man die Karte ein, erscheinen auf einem Display genaue Anweisungen, was als Nächstes zu tun ist: Bremse drücken, Knopf betätigen… Mit ein paar Knopfdrücken kann man sich zum Beispiel den Reifendruck anzeigen lassen. Auch um die Handbremse muss man sich nicht mehr selber kümmern, die ist in die Technik integriert. Irgendwann werden auch noch die Fahrschulen überflüssig sein.

Der Vel Satis ist nämlich nicht nur ein oberintelligentes, sondern in Teilen auch sehr pädagogisches Auto. Wehe, man vergisst, das Licht auszumachen. Bevor eine immerhin freundliche Frauenstimme eine entsprechende Ermahnung ausspricht, ertönt erstmal eine triumphierende kleine Fanfare. Naja, irgendwie hat das auch was Charmantes. Die Aufräumautomatik lässt sich mit dem tüchtigen Chip übrigens auch ausstellen, ebenso die Selbstverriegelung während der Fahrt. Geht’s erstmal los, wird der Eindruck der robusten Eleganz fast spielerisch aufgelockert. Sowohl die leichte Lenkung als auch die spritzige Beschleunigung lassen die Ausmaße des Autos völlig vergessen. Der Motor hat ein sattes, aber durchaus dezentes Geräusch. Die Ruhe und Gelassenheit, die die Technik gefühlsmäßig vermittelt, kann leicht dazu führen, dass man die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit unterschätzt. In der luxuriösen Initiale-Variante gibt es noch verschiedene Spielereien, die lustig, aber nicht wirklich nötig sind. Dazu zählt sicherlich die Fußraumbeleuchtung, die allenfalls bei der Suche nach dem verlorenen Parkgroschen hilft. Seitenscheiben aus Verbundglas hingegen sind nicht nur bei Landpartien sinnvoll. Ein weiteres Plus ist die Tatsache, dass der Wagen auch rücksichtsvoll ist, denn die außerhalb gemessenen Geräuschwerte liegen unter der EU-Norm.

Bis man das Multimedia-Navigationssystem mit integriertem 4x50 Watt Audiosystem völlig auszuschöpfen gelernt hat, werden bei allen Nicht-Ingenieuren sicher einige Kilometer ins Land gefahren sein. Beruhigend zu wissen, dass in der erweiterten Spracherkennung für das Telefon- und Navigationssystem mehr als 60 000 Stimmen in verschiedenen europäischen Akzenten hinterlegt sind. Da ist man doch nicht so begrenzt bei der Auswahl der Leute, denen man das Auto mal ausborgen möchte. Aber was, wenn Besuch aus Amerika kommt?

Wichtiger ist fast noch, dass sich alles gut anfassen lässt, das beginnt schon bei den verchromten Türgriffen beim Einsteigen. Wer sich mit den klassischen Limousinen aufgrund welcher Assoziationen auch immer nicht so recht identifizieren mag, aber trotzdem Wert auf Oberklasseluxus beim Fahren legt und auf Individuelles abfährt, hat gute Chancen, sich in diesem Wagen wohl zu fühlen. Sogar, wenn er keine Frau ist.

Der Innenraum des Renault Vel Satis bietet den Insassen nicht nur viel Platz, er ist auch übersichtlich gestaltet.

Die Armaturentafel bietet alle relevanten Informationen auf einen Blick. In der Mittelkonsole steckt das multifunktionale Bedienelement für Navigations-, Klima- und Audioanlage.

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