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Schule: Der schönere Golf

Erinnern Sie sich? Wie der Scirocco zum Volkswagen-Star der 70er wurde

Irgendwie hat man es in Wolfsburg mit der Luft. Jahrzehntelang prägten bei VW luftgekühlte Motoren das Bild. Als dann doch die Erkenntnis wuchs, dass sich Wasser besser zur Temperaturregelung eignet, mochte man sich noch immer nicht ganz von ihr verabschieden: Im Zeichen des Passatwindes gab es zu Beginn der Siebzigerjahre ein Familienmobil, und selbst die Technik des Golf erschien zunächst unter dem Namen eines Wüstenwindes – im Scirocco.

Straffe Linien, ein kantiges Design: Der VW Scirocco der ersten Generation wirkt aus heutiger Sicht skurril. Damals jedoch war er in kürzester Zeit ein automobiler Star. Der Käfer hatte seine besten Tage hinter sich, irgendwann dämmerte den Verantwortlichen, dass es so nicht weitergehen konnte. Diese Entwicklung bekam man auch bei Karmann in Osnabrück mit, zunächst allerdings mit Sorge. Denn der Auto- und Karosseriebauer hatte seine bislang größten Erfolge mit Fahrzeugen gefeiert, deren wichtigster Bestandteil Volkswagen-Technik war. Hier entstanden sowohl das Käfer Cabriolet als auch der legendäre Karmann Ghia. So reifte die Idee, einen Karmann-Ghia-Nachfolger in Form einer sportlichen Variante des kommenden Volumenmodells von Volkswagen zu verwirklichen.

Die langen Kontakte zwischen Volkswagen und Karmann hatten auch zu zahlreichen Querverbindungen geführt. So zeichnete der junge Designer Giorgio Giugiaro nicht nur die erfolgreichen Formen von Passat und Golf. Er hatte außerdem 1971 eine Studie für Karmann entworfen. Da traf es sich gut, dass Giugiaro bei seiner Arbeit am Golf auch Gedanken an ein Coupé verschwendete, und der Karmann-Chef wiederum von Zeit zu Zeit in dem Turiner Designbüro auftauchte. Der nächste Schritt hätte ganz einfach sein können: mit VW reden, die Bosse vom möglichen Erfolg überzeugen und das Auto bei Karmann bauen lassen. Stattdessen waren langwierige Verhandlungen nötig.

Der Scirocco war dann aber nicht etwa ein nachgereichtes sportliches Golf-Derivat, vielmehr erschien er schon vor seinem Schwestermodell. Denn der Golf war zum Erfolg verdammt. Also überließ man es den Mannen bei Karmann, den in kleinerer Stückzahl gefertigten Scirocco zusammenzubauen, noch bevor der Golf auf den Markt kam. So konnten die Techniker in Wolfsburg sehen, wo eventuell Schwierigkeiten auftauchten.

Tatsächlich ging alles gut. Die ersten Scirocco wurden nach Wolfsburg geschickt, wo sie im Februar 1974 von Journalisten getestet wurden. Ergebnis war ein überwältigend positives Medienecho. Auch bei der offiziellen Vorstellung im Rahmen des Genfer Automobilsalons im März zeigten sich die Besucher begeistert. Viele orderten den Wagen, ohne auch nur in einem Ausstellungsfahrzeug gesessen zu haben.

Obwohl der Scirocco als sportliches Modell eingeordnet war, gab es ihn nur mit kleinen Motoren. 60 und 70 PS bildeten die Basis – wer es flotter wollte, konnte zur Version mit 85 PS greifen. Später kam noch ein GTI hinzu, der mit 110 PS standesgemäße Leistungen vollbrachte. Danach ging die Geschichte des Scirocco einen unauffälligen Weg.

Die Menschen kauften ihn in erstaunlichen Stückzahlen, Volkswagen hielt die Nachfrage mit leichten Retuschen an Fahrwerk und Optik frisch. 1976 begannen erste Arbeiten für einen Nachfolger. In die Läden kam der rundlicher und moderner geformte Scirocco II 1981. 1989 debütierte als Quasi-Nachfolger und Konkurrent der stärkere Corrado. Im Jahr 1992 schließlich lief der letzte der rund 797 000 Scirocco vom Band.gms

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