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Ausgewählt. Die siebte Klasse der Heinz-Brandt-Schule in Weißensee bekam Mittwoch Besuch von der Jury der Robert-Bosch-Stiftung.

© DAVIDS

Deutscher Schulpreis: Pünktlich, höflich, zuverlässig

Früher hatte die Brandt-Schule einen schlechten Ruf. Jetzt ist sie als letzte von ursprünglich sechs Berliner Schulen noch im Rennen um den Deutschen Schulpreis. Die Jury ist sehr angetan von den Schülern.

Die Erkenntnisse wiegen mindestens so viel wie die Kisten: Er wolle sein Leben so gestalten, dass er niemals auf das kostenlose Essen der Berliner Tafel angewiesen ist, sagt Mario (Name geändert), Siebtklässler an der Heinz-Brandt-Sekundarschule in Weißensee. Seit Beginn des Schuljahres hilft der Zwölfjährige jeden Mittwoch, die Essensspenden aus dem Lieferwagen der Berliner Tafel zu laden, Verdorbenes auszusortieren und noch gutes Essen an Bedürftige zu verteilen.

„Und er achtet jetzt darauf, kein Essen mehr wegzuwerfen“, beendet Katharina Burger-Springwald ihren Bericht über die Siebtklässler, mit denen sie sich ein paar Stunden vorher unterhalten hat. Sie fügt hinzu, wie „gerührt“ und „fasziniert“ sie von der Begegnung gewesen sei. Burger-Springwald ist Bildungsexpertin und gehört zur Jury des Deutschen Schulpreises, den die Robert-Bosch-Stiftung und die Heidehof-Stiftung seit 2006 vergeben, mit 230 000 Euro der höchstdotierte Schulwettbewerb in Deutschland.

In diesem Jahr haben sich 119 Schulen beworben, davon sechs aus Berlin. Die 20 besten Bewerber werden jetzt von der Jury jeweils zwei Tage lang unter die Lupe genommen und haben damit eine Chance auf den Preis. Die Heinz-Brandt-Schule ist die einzige Berliner Schule, die noch im Rennen ist.

Die Jury ist angereist, um Eltern, Lehrer und Schüler zu befragen. Und sie sieht sich den Unterricht und die vielen besonderen Projekte an, wie das „Service Learning“ – das steht auf dem Stundenplan, für jene Zeit, die Mario bei der Berliner Tafel verbringt. Seine Mitschüler arbeiten währenddessen etwa mit Demenzkranken oder in einer Kita.

Danach pauken sie in „Lernbüros“ Mathe, Deutsch und Englisch – jeder nach seinem Leistungsniveau. Die Lehrer leiten die Schüler an, selbst passende Aufgaben aus Lernkarteien auszuwählen. Die Lernbüros sind Teil der Umstrukturierung zur Sekundarschule: Die Schule gehört zu den 15 Berliner Hauptschulen, die nicht mit Realschulen fusionierten, sondern die Umwandlung allein schafften. Es sind inzwischen sogar ein paar Kinder mit Gymnasialempfehlung dabei.

„67 Prozent der Schüler beginnen nach dem Abschluss mit einer dualen Ausbildung in der freien Wirtschaft“, sagt Schulleiterin Pech. Das liege unter anderem an dem wöchentlichen Betriebspraktikumstag der Zehntklässler. „Da überzeugen sie durch Höflichkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, auch wenn ihre Schulnoten nicht so berauschend sind.“

Die Zahl sei eine „Sensation“, sagt Burger-Springwald. Man merke dem Kollegium an, dass es „eine Vision“ habe. Besonders begeistert sind aber alle Juroren von den Schülern: „Verantwortungsbewusstsein“ und einen „hohen Reflexionsgrad“ bescheinigen sie ihnen. Sie seien alle „wunderbare Gesprächpartner“.

Das ist längst keine Selbstverständlichkeit. Denn vor etwas mehr als zehn Jahren hatte die damalige Hauptschule, die in einem sozialen Brennpunkt liegt, einen ziemlich schlechten Ruf – bis im Jahr 2000 Miriam Pechs Vorgängerin, Karla Werkentin, neu an die Schule kam – etwa zur gleichen Zeit wie Miriam Pech als Referendarin. „Ich war damals schockiert“, sagt die heutige Schulleiterin. „Es gab viele glatzköpfige Jungs und ein echtes Problem mit Rechtsextremismus. Seitdem haben wir sehr viel daran gearbeitet, das zu ändern.“ Inzwischen bieten die Schüler geführte Touren über den Jüdischen Friedhof an – noch so eine kleine Sensation.

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