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Schule: Die perfekte Form – aber was kommt danach?

Seit 1998 gilt der TT als Design-Ikone – und da verbietet es sich, Hand anzulegen. Audi hat es jetzt dennoch versucht

Die hat Audi nicht bestellt. Die sind einfach so hier. Wollen mit ihrem roten TT rauf zum Großglockner. 26 Euro haben Gerd und Petra für das Zickzack zum Gipfel gelöhnt, nicht mal 20 Cent je Kurve, günstig, bedenkt man die Sonne und die fantastische Sicht auf die Gipfel über schmelzendem Schnee. Und doch – für den kostbaren Blick haben die Beiden aus Wuppertal jetzt keinen Blick. Sie bleiben hängen an einem TT, rot wie ihrer, aber bei genauem Hinschauen irritierend anders. Akribisch kleben sie am Heck eines TT-Nachfolgers, von dem sie bislang noch nichts gehört und gesehen hatten, weil er ja erst im Herbst in den Handel kommt. Der Gerd-und-Petra-TT wird dann fünf Jahre alt sein. Es war ihr Traum, dieser „schönste Wagen, wo’s gibt“, wie sie finden, „und das bleibt er auch jetzt.“

Auch jetzt? Ja, bestimmt, sagen die Zwei auf 2700 Meter über Normalnull, der Neue sehe „eher zu aggressiv“ aus. Ein vorsichtig negatives Urteil aus Wuppertal für die Schönzeichner aus Ingolstadt, aber eben auch kein Kompliment. War eben nicht ohne, dieser Job, einem Design-Klassiker ein halbneues Design zu verpassen. 1994 hatte Audi eine erste Studie des TT gezeigt, vier Jahre später kam die Serie auf den Markt und betörte viele, die offen waren für Neues und bereit, einem bezahlbaren Anti-Porsche Herz und Geldbeutel zu öffnen. Durchgestylt wie kein anderer trat der kleine Sportwagen an, streng geometrisch, vorne so rund wie hinten, die Kreisform zitierend bis ins Detail.

Damit ist Schluss. Am auffälligsten wird das bei den Scheinwerfern, die im Zusammenspiel mit den markanten Lufteinlässen einen harten Keil in die Front treiben. Das sieht, je nach Gusto, dynamisch oder böse aus – und ist für TT-Fans eine ähnlich gravierende Streitfrage, wie die, ob der Audi-typische Kühlergrill dem Idol eine optische Unwucht verleiht oder nicht. Hinten ist die Sache klarer, eleganter: Dort verdient sich das Auto die Modellbezeichnung Coupé; die Ur-Fassung trug das Etikett angesichts eines kuppelartigen Daches zu Unrecht. Nun streckt sich das Dach länger und läuft flach ins Heck über. Mit dieser Maßnahme haben die Entwickler nicht nur die äußere Form verändert, sie vermitteln damit innen ein derart offenes Gefühl, dass Audi getrost mit Käufern rechnen kann, für die der TT bislang aus Platz- und Sichtgründen eine No-go-area war. Hier muss sich niemand mehr eingekanzelt fühlen, größere Glasflächen lassen mehr Licht hinein und mehr Ausblicke zu – sorry, Gerd, sorry Petra, aber vom Großglockner sehen wir deutlich mehr.

Das einwandfrei verarbeitete Cockpit ist um den Fahrer herum gezogen, erweist dem Vorgänger mit den berühmten Lüftungsringen aus Alu die Ehre, wirkt aber trotz des unten abgeflachten Rennlenkrads weniger TT-eigen. Musste man die Streben am Mitteltunnel unbedingt durch geschlossene Seitenwände ersetzen? Das Wohlbefinden auf Langstrecken steigt auf alle Fälle – denn im Vergleich zum Z4 Coupé, einem direkten Konkurrenten von BMW, haben Fahrer und Beifahrer deutlich mehr Platz, ihnen kommen die zusätzlichen Zentimeter in der Länge (13,7) und in der Breite (78) voll zu Gute. Audi hat sich damit für mehr Komfort entschieden, einer Linie, der sich das überraschend softe Sportfahrwerk anschließt. Trotz tieferem Schwerpunkt, breiterer Spur und größeren Radquerschnitten federt der TT beeindruckend gut, so gut, dass sich Audi mit Blick auf die härteerprobte Klientel eines Porsche Cayman oder eines Nissan 350 Z etwas einfallen lassen musste: Das Dämpfersystem „magnetic ride“ (siehe Kasten rechts). Mit diesem Extra kann der Fahrer aus dem Modus „Normal“ in „Sport“ umschalten – und der Straße gefühlt näher kommen. So oder so fährt sich der TT agiler als zuvor; für Technikfreunde soviel nur: Zum einen wurde die alte Verbundlenkerkonstruktion aus dem Golf IV entsorgt und durch eine Mehrlenkerhinterachse ersetzt. Und dann bringt die kombinierte Alu-Stahl-Karosserie jetzt mehr Gewicht auf die Hinterachse, ein ebenso genialer wie notwendiger Kniff, weil das Auto insgesamt leichter geworden ist.

Für die Wahl des Motors gibt es nach den Testfahrten keinen klaren Favoriten: Die kleine Zwei-Liter-Maschine mit ihren 200 PS hängt primstens am Gas, dreht ordentlich hoch und klingt kernig. Sie gibt es aber nur mit Frontantrieb – ein klarer Nachteil für alle, die in Kurven gern Gas geben und auf starkes Untersteuern nicht stehen. Dem 3,2-Sechszylinder mit quattro-Antrieb passiert das nicht – dafür tut sich die 250-PS-Maschine beim Hochdrehen schwer und erreicht nicht annähernd die Dynamik eines Porsche Cayman. Audi weiß das – und verspricht jetzt schon, bald nachzulegen.

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