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Ein Jahr nach Winnenden: Berliner Schulen nur bedingt gerüstet

Ein Jahr nach dem Amoklauf von Winnenden warten viele Berliner Schulen noch immer auf spezielle Alarmanlagen. Hohe Kosten schrecken die Bezirke.

Ein Jahr nach dem Amoklauf von Winnenden sind Berlins Schulen noch nicht flächendeckend gegen ähnliche Gefahrenlagen gewappnet. Vor allem die Installation einer speziellen Alarmanlage macht Probleme. Spandau und Lichtenberg gehen davon aus, dass sie erst im Laufe des Jahres 2011 alle Schulen entsprechend ausgerüstet haben werden. Die anderen Bezirke benötigen zum Teil noch bis Ende 2010. Vor allem die Kosten bereiten Probleme. Nach groben Schätzungen belaufen sie sich berlinweit auf rund vier Millionen Euro – allein für neue Signaltöne und verteilte Alarmknöpfe. Lautsprecheranlagen wird es zunächst nur vereinzelt geben.

Kurz nach den Ereignissen von Winnenden hatten sich Senat und Bezirke darauf geeinigt, die Schulen zügig umzurüsten. Im Mittelpunkt stand das Bemühen, im Gefahrenfall zu verhindern, dass Schüler und Lehrer in Panik aus den Klassenzimmern laufen. Deshalb sollte es einen neuen Signalton geben, der klar vom Feueralarm unterscheidbar ist. Die Bildungsbehörde rechnete mit 2000 bis 3000 Euro pro Schule für die Umrüstung.

Die Bezirke weisen diese Summe als viel zu gering zurück. Tatsächlich seien im Schnitt mindestens 5000 Euro nötig, heißt es aus Charlottenburg-Wilmersdorf. Schließlich müssten nicht nur die Klingelanlagen umgerüstet werden: Vor allem in weitläufigen Gebäuden sei es kostspielig, genügend erreichbare Alarmknöpfe zu installieren. Bei Neu- und Umbauten sind die Bezirke zudem verpflichtet, in jedem Raum Lautsprecher einzuplanen, was zehntausende Euro kostet. Zu den Schulen, die dieser Tage neu mit Lautsprechern ausgerüstet wurden, gehört etwa das Schadow-Gymnasium in Zehlendorf. Der Bildungsstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD), kündigte an, dass die Witzleben-, Ustinow- und Hebel-Schule jetzt Lautsprecher erhalten. Auch Neukölln will verstärkt Lautsprecheranlagen installieren.

Einen anderen Weg bei der Amok-Warnung geht Reinickendorf. Hier soll der Alarm auch von Lehrer-Handys aus freigeschaltet werden können. Baustadtrat Martin Lambert (CDU) beziffert die Kosten auf 8500 Euro pro Schule. Bis zum Sommer sollen hier alle Schulen versorgt sein.

Verwirrung gibt es in den Bezirken darüber, woher das Geld für die Alarmanlagen kommen soll. So begründet Spandau die Verzögerung bei der Ausstattung damit, dass das Geld aus dem Finanztopf der baulichen Unterhaltung nicht reiche. Hingegen hatte die Bildungsverwaltung in einem Schreiben an die Bezirke erläutert, dass auch auf die Mittel aus dem millionenschweren Programm zur Schulstättensanierung zurückgegriffen werden könne. Warum Spandau davon keinen Gebrauch machte, war am Mittwoch nicht zu klären.

Der Bezirk Mitte hat zwar fast alle Schulen mit Alarmsystemen ausgestattet, weist aber auf ein anderes Problem hin: Die Klassentüren seien nicht alle abschließbar, bemängelt Schulamtsleiter Jürgen Willuhn. Somit könne man sich nicht so verbarrikadieren, wie es im Gefahrenfall nötig wäre.

Für den Fall eines Amoklaufs verfügen die Schulen schon seit der Amoktat von Erfurt über spezielle Notfallpläne. Zusätzlich wurden nach Winnenden alle Schulleiter geschult. Gründe gab es genug: Nach Winnenden stieg die Zahl der Amokdrohungen drastisch an: Allein zwischen dem 11. März und 31. Mai 2009 registrierte die Polizei 107 Amokandrohungen, davon 61 im schulischen Bereich.

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