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Kerstin Jüngling leitet die Fachstelle für Suchtprävention in Berlin.

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Elternberatung zum Thema Internet: „Den Kontakt zu den Kindern nicht abreißen lassen“

Die Berliner Fachstelle für Suchtprävention bietet regelmäßig Kurse für Eltern zum Thema Computer und Internet an. Ein Gespräch mit Leiterin Kerstin Jüngling.

Sie bieten Kurse für Eltern zum Umgang mit Computer und Internet in der Familie an. Wie groß ist die Nachfrage?
Wir sind meistens ausgebucht. Manche Eltern warten monatelang darauf, einen Platz zu bekommen. Die Teilnehmer kommen aus allen Bezirken und allen sozialen Schichten. Die meisten haben Kinder im Teenageralter, es sind aber auch Eltern von Neunjährigen dabei.

Welche Sorgen haben die Eltern?
Viele sind verunsichert. Nicht nur darüber, wie viel Zeit sie ihren Kindern am Computer erlauben sollen, sondern sie wissen generell nicht, ob sie richtig mit ihren Kindern umgehen und ob sie Jugendlichen überhaupt noch etwas verbieten dürfen.

Was raten Sie diesen Eltern?
Wir ermutigen sie, auch mal etwas gegen den Willen der Kinder durchzusetzen. Gerade Jugendliche haben oft keine Lust, etwas gemeinsam mit den Eltern zu unternehmen. Wichtig ist aber, sich manchmal über das Gemaule hinwegzusetzen. Wenn die Tochter oder der Sohn zetert, dass sie am Sonntag nicht mit zum Großelternbesuch wollen, dann kann man schon mal sagen: Wir gehen jetzt trotzdem. Eine Mutter erzählte in einem Kurs, dass es mit ihrer 13-jährigen Tochter nur noch Streit gebe. Das Mädchen saß dauernd vor dem Computer. Die anderen Kursteilnehmer haben sie dann gefragt, wann sie zuletzt etwas zusammen mit ihrer Tochter unternommen habe.

Konnten Sie dieser Mutter helfen?

Ja, durch den Zuspruch der anderen Eltern, sich auch einmal durchzusetzen, hat sie an Sicherheit gewonnen. Sie traut sich jetzt wieder, ihrer Tochter etwas zu sagen. Von Jugendlichen höre ich lustigerweise oft, dass sie die Erwachsenen merkwürdig finden. Sie sagen: „Die wollen ja gar nichts von uns.“ Gerade in der Pubertät brauchen die Jugendlichen Grenzen und suchen diese auch.

Sollten Eltern also im Zweifelsfall auch mal Computer-Verbot verhängen?
Nein, von Komplett-Verboten halte ich gar nichts. Es geht auch nicht darum, die Kinder zu kontrollieren. Jugendliche können schon mal allein ins Internet. Es geht vielmehr darum, den Kontakt und das Gespräch mit den Kindern nicht abreißen zu lassen. Handeln Sie gemeinsam Regeln über den Umgang mit den Medien aus. Also zum Beispiel, dass der Computer und der Fernseher beim Essen ausbleiben. Wenn das Kind auf solche kurzen Auszeiten mit unkontrollierbaren Wutanfällen reagiert, ist das ein Zeichen, dass ein Problem vorliegen könnte. Dann sollte man sich beraten lassen. Wichtig ist aber auch, dass sich die Eltern ebenso an die Regeln halten. Denn viele Erwachsene schauen ja selbst ständig auf ihr Handy. In unseren Kursen kommen die Eltern oft ins Grübeln, wenn wir sie auffordern, über ihren eigenen Umgang mit den neuen Medien nachzudenken.

Viele Eltern sorgen sich, dass die Jugendlichen auf Pornoseiten surfen oder Killerspiele spielen.
Auch hier rate ich, darüber offen zu sprechen. Sagen Sie, dass Sie über das Thema in der Zeitung gelesen haben und fragen Sie, wie Ihr Kind das sieht. Jugendliche sind für moralische Fragen sehr empfänglich. Beim Thema Porno könnte man etwa auch über Menschenhandel und Ausbeutung reden.
Viele Eltern wissen möglicherweise weniger über Computer und Internet als ihre Kinder und sind deshalb unsicher.
Das täuscht manchmal auch. Beim Chatten und Spielen sind die Jugendlichen gut, aber bei vielen Office-Anwendungen hapert es. Eltern könnten sich zum Beispiel mal gemeinsam mit den Kindern hinsetzen und eine Powerpoint-Präsentation der letzten Familienfeier zusammenstellen. So unternimmt man etwas gemeinsam, lernt ein Computerprogramm und kann gleichzeitig über Dinge wie Datenschutz sprechen.

Das Gespräch führte Sylvia Vogt.

Kerstin Jüngling, 51, leitet die Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Der nächste Elternkurs „Update“ findet am 8. Dezember statt. Anmeldung: Tel. 29352615.

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