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Wärme in der Kälte. Die fünfte Klasse der Pankower Grundschule unter den Bäumen fotografiert mit einer Wärmebildkamera ihre Schule und ihre alte Turnhalle. Jens Clemen erklärt den Schülern, was die roten und gelben Bilder bedeuten. Clemen ist Leiter des Projekts „Köpfchen statt Kohle“, das der Bezirk Pankow ins Leben gerufen hat und das Schulen beim Energiesparen unterstützt.

© Kai-Uwe Heinrich

Energiesparprojekte: Klimawandel im Klassenzimmer

Zahlreiche Schulen versuchen sich in Energiesparprojekten. Beim Sparen im eigenen Haus stoßen jedoch viele an ihre Grenzen. Die Pankower Grundschule unter den Bäumen erprobt das Projekt „Köpfchen statt Kohle“.

Kurz nach acht Uhr früh stehen 25 Fünftklässler mit Mütze im Hof der Pankower Grundschule unter den Bäumen. Die zehnjährige Isis zielt gerade mit einer Wärmebildkamera auf die alte Turnhalle. Damit sollen die Schüler herausfinden, ob durch die Fensterfront in der Fassade Heizenergie verloren geht. Die Klasse nimmt am Projekt „Köpfchen statt Kohle“ teil – einem dreijährigen Energiespar- und Klimaprojekt, das vom Bezirk Pankow ins Leben gerufen und finanziert wurde und das fünfzehn Schulen im Bezirk auf technischer und fachdidaktischer Seite beim Energiesparen unterstützt. Den Schülern stehen dabei externe Fachleute als Ansprechpartner zur Verfügung.

Insgesamt befassen sich laut Lehrplan momentan rund 300 Berliner Schulen mit Themen wie Energie, Energiesparen oder Klimaschutz. An der Grundschule am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg etwa haben sich zwischen Oktober und Mitte Dezember jeden Morgen bis zu sechs „Wärmedetektive“ mit Lehrer Michael Temme getroffen, um die Raumtemperatur zu kontrollieren und die Temperatur korrekt zu regulieren. Und in der Bertolt-Brecht-Oberschule in Spandau steht auf einer Anzeige, wie viel CO2 die Sonnenkollektoren auf dem Dach sparen. Den Schülern soll so der tägliche verantwortungsbewusste Umgang mit Energie erklärt, zugleich sollen ihnen Energiesparmöglichkeiten im Schulalltag gezeigt werden.

Denn da gibt es häufig Probleme. Klassenzimmer und Turnhallen etwa seien oft überhitzt, für Abkühlung werde durch offene Fenster gesorgt, sagt Jens Clemen von Sauter FM, einem Dienstleister für Gebäudewartung, der beim Projekttag an der Grundschule unter den Bäumen an der Straße Alt-Blankenburg 26 für die technischen Fragen des Energiesparens zuständig ist. Ein weiteres Problem sei, dass die Temperatur zumeist nicht in den einzelnen Zimmern reguliert werden kann. Über eine Zentrale werde etwa im Ferienbetrieb das ganze Schulgebäude geheizt - auch wenn nur einzelne Räume warm werden müssten. Almuth Tharan vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen in Berlin, das derzeit an 50 Schulen der Stadt Energiespar-Projekte durchführt, schätzt das Energiesparpotenzial an Schulen ohne zusätzliche bauliche Investitionen auf bis zu zehn Prozent in einem Jahr.

Eine Schule gebe je nach Baujahr rund 65 000 Euro für Heizkosten, rund 19 000 Euro für Strom aus. Die Hälfte der Kosten, so Tharan, könnte durch richtiges Verhalten der Nutzer, also zum Beispiel richtiges Lüften, gespart werde. Die andere Hälfte würde durch die richtige Einstellung der Heizungen erreicht.

Für Schulen sei es oft schwierig, ihre Einsparbemühungen konkret festzustellen, sagt Umweltfachfrau Tharan. Das liege etwa daran, dass sich viele Energiesparprojekte auf das laufende Schuljahr beziehen, die Abrechnung der Strom- und Heizkosten jedoch manchmal ein ganzes Jahr später kommt. Für Schüler, sagt Tharan, sei das „demotivierend“. Die einfache und nachvollziehbare Erfahrung sei beim Thema Energiesparen entscheidend.

Fortbildung für Lehrer und Hausmeister ist nötig

Die Fünftklässler der Grundschule unter den Bäumen sitzen mittlerweile im Nawi-Raum. An der Wand erinnert sie ein Plakat daran, Licht zu sparen. „Wisst ihr was Energieeffizienz heißt?“ fragt Richard Häusler von der Agentur Stratum, die Organisationen zu Nachhaltigkeit berät, in die Runde. „Die Jalousien sind runtergelassen“, setzt er erklärend fort. „Das Sonnenlicht lasst ihr draußen, aber die Lampen macht ihr an. Sollen wir das anders probieren?“ Ein Schüler fährt die Jalousien hoch.

Die Herausforderung beim Thema Energiesparen sei, „am Ball zu bleiben“, sagt Schulleiter Bernd Woitinek. Nach einem Projekttag gebe es zwar größeres Bewusstsein beim Energieverbrauch, erfahrungsgemäß lasse das jedoch bald wieder nach. Ebenso wichtig sei die Vorbildfunktion der Lehrer: „Keine Diskrepanz zwischen Theorie und Handeln“. Das sei besonders bei Grundschülern wichtig, damit sie das Gelernte umsetzen.

Dabei fühlen sich 80 Prozent der Lehrer durch ihr Studium nicht ausreichend zum Thema Energie ausgebildet, das Weiterbildungsangebot zum Thema bewerten sogar 85 Prozent als nicht ausreichend. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel. Studienleiter Manfred Euler hat dafür bundesweit Lehrpläne analysiert und 300 Lehrer befragt. „Bei der Energiebildung weisen Schulcurricula keine klare Linie auf“, so Eulers Fazit. Eine Vielzahl von Angeboten durch externe Projektträger wie in Berlin deute auf eine „Mangelsituation“ hin: Das Thema Energie werde in der Ausbildung zu wenig berücksichtigt, unter Lehrern gebe es zu wenig Kompetenzen, um die Projekte selbst zu leiten. Ziel der noch laufenden Studie ist deshalb auch, geeignete Fortbildungskonzepte für Lehrer zu entwickeln.

Und nicht nur Lehrer, auch Hausmeister fühlten sich mit dem Energiesparen häufig überfordert, so ein Fazit der beiden Projektleiter von „Köpfchen statt Kohle“, die auch schon einen Workshop für Schulhausmeister veranstaltet haben. Die Nutzer müssten mit der Technik vertraut gemacht werden, sagt Clemen, Ansprechpartner in der Grundschule unter den Bäumen. Manchmal sei in den Schulen auch nicht klar, dass beim Thema Energie viel Verantwortung bei den Hausmeistern liege – so dass engagierte Hausmeister zum Teil an bürokratischen Hürden scheitern.

Hausmeister können technische Mängel derzeit nur dem Schulamt melden. Für Reparaturen etwa von schlecht angebrachten Thermometern sind aber die Bauämter zuständig, so dass direkte Rückmeldungen häufig nicht möglich sind. „Hausmeister könnten dem Bauamt unterstellt werden“, schlägt Projektleiter Richard Häusler als Alternative vor. Und falls das nicht möglich sei, sollte zumindest in Betracht gezogen werden, dass Hausmeister wenigstens beide Ämter informieren können.

Die Grundschule unter den Bäumen jedenfalls bleibt am Ball: Diesen Monat soll die Klasse 5b „Lüftungsmanager“ ernennen, die auf das richtige Stoßlüften im Schulalltag achten.

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