zum Hauptinhalt

Schule: Freundliche Übernahme

In Brandenburg wehren sich freie Schulen gegen Kürzungen. Sie wollen die staatlichen ganz ersetzen.

Potsdam - In Berlin ist es momentan etwas ruhiger um ihre Finanzierung geworden, aber in Brandenburg spitzt sich der Streit um die Kürzungen bei den freien Schulen weiter zu – obwohl die rot-rote Koalition in Potsdam unter dem Eindruck der massiven Proteste die Einschnitte bereits abgemildert hat. Am Montag forderte die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg, mit 4500 Schülern einer der größten freien Schulträger der Region, den völligen Verzicht auf die Potsdamer Sparpläne. Vorher hatte eine nach Berlin auch in Brandenburg mit knapp 30 000 Unterschriften erfolgreiche Volksinitiative eine bessere Finanzierung und mehr Rechte für freie Schulen gefordert. Die erfreuen sich wachsender Beliebtheit, wovon die mittlerweile knapp 18 000 Schüler und der Gründungsboom von Schulen zeugen, und zwar sowohl im Speckgürtel wie auch in entfernten Regionen. So besucht in Potsdam jeder fünfte Grundschüler eine freie Schule. Vor allem im Südberliner Umland sieht es ähnlich aus. Die Opposition aus CDU, Grünen und FDP will deshalb wegen der Kürzungen vor das Landesverfassungsgericht ziehen.

„Die sogenannten Nachbesserungen ändern nichts am Grundproblem“, erklärte Bischof Markus Dröge gestern in Potsdam. Er regte einen „runden Tisch“ nach dem Vorbild von Hessen an, um sich wie dort auf ein von beiden Seiten akzeptiertes Finanzierungsmodell für freie Schulen zu verständigen. Nötig sei „eine transparente Schülerkostenberechnung, die vom tatsächlichen Bedarf ausgeht“, sagte Dröge. Damit könne auch sichergestellt werden, dass „nicht einfach nach Kassenlage entschieden wird, wie viele freie Schulen man zulassen will“.

Doch rückt genau diese Grundsatzfrage ins Zentrum der Auseinandersetzung. „Im Kern geht es bei den Kürzungen darum, Neugründungen von freien Schulen durch sinkende Zuschüsse von vornherein zu verhindern“, warnte Detlef Hardorp, Geschäftsführer des Landesverbands freier Schulen vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Dort wurde am Montag ein Rechtsgutachten des Münsteraner Verfassungsjuristen Bodo Pieroth präsentiert, wonach die vom Grundgesetz garantierte Gründungsfreiheit für freie Schulen vom Staat nicht einmal dann eingeschränkt werden darf, wenn in in ländlichen Regionen mit sinkenden Einwohnerzahlen die freien Schulen zur Bedrohung für das staatliche Schulsystem werden. Damit hat die rot-rote Koalition in Potsdam unter anderem die Kürzungen begründet. „Wenn man das will, muss man vorher das Grundgesetz ändern“, sagte Pieroth. Eine Ausnahme ist Brandenburg beim Versuch, das Wachstum der freien Schulen zu drosseln, nicht – die Zuschüsse des Landes stiegen mit den Schülerzahlen in einem Jahrzehnt von 30 Millionen auf über 100 Millionen Euro. Das sei nicht lokal auf Brandenburg beschränkt, bestätigt Thomas Langer vom Institut für Bildungsforschung und Bildungsrecht, einer von den freien Schulen getragenen Einrichtung an der Universität Bochum. Es gebe eine gemeinsame Strategie der ostdeutschen Länder, das weitere Wachstum zu bremsen. Sachsen, Thüringen und Sachsen–Anhalt haben die Zuschüsse für freie Schulen verschlechtert. Die wiederum formulieren jetzt sogar den Anspruch, in schrumpfenden Regionen die staatlichen Schulen zu ersetzen. Natürlich „ohne Schulgeld“, sagte Langer. Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false