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Schule: Für die Frau im Mann

Der kleine Hummer ist ein schickes Auto für das motorisierte Promenieren über Ku’damm oder Kö

Der Hummer ist schwarz und glänzt. Gedrungen hockt er da, die Augen zu kleinen Schlitzen verengt. So richtig Angst macht sie einem nicht, die dritte Generation. Die Rede ist von einem jeepähnlichen Fahrzeug, das ursprünglich als Kriegsgerät entwickelt wurde. Das passte in keine Parklücke, und schon gar nicht in die Garagen von Eigenheimen in deutschen Vorstädten. Dafür war der Hummer wie geschaffen für den muskelbepackten Actionstar Arnold Schwarzenegger. „Arnie“ hatte eine Vorliebe für das martialische Fahrgerät. Er fuhr es in Filmen und im Privatleben. Prompt taten es ihm einige zehntausend Deutsche nach.

Mit Einführung des kleineren Modells „H3“ könnten es hunderttausend werden: Das „Europamodell“ wird in Südafrika gefertigt und dem autovernarrten Publikum auf der Internationalen AutomobilAusstellung (IAA) in Frankfurt am Main vorgestellt. Schwarzenegger dürfte sich mit seiner Muskelmasse im „H3“ zwar nicht mehr so richtig wohl fühlen. Dafür passt der Wagen nun durch die verwinkelten Straßen deutscher Altstädte. Außerdem blieb das Design des „Großen“ dem „Kleinen“ erhalten. Hier ist alles etwas kleiner und feiner als beim Original.

Der Hummer „H3“ ist aber eigentlich eine Languste. Diese wurde mit viel Liebe zubereitet. Es duftet nach feinem Leder im Innenraum. Die Mittelkonsole ist mit poliertem Aluminium verkleidet – echtes Metall, das ist eher selten bei den oft plastikverkleideten Innenräumen der US-Fahrzeuge. Der Schminkspiegel an der Sonnenblende ist beleuchtet – auch Abends kann die Beifahrerin ihre Schminke überprüfen.

Dass es auch einen beleuchteten Spiegel auf der Fahrerseite gibt, amüsiert unseren Beifahrer königlich – „um den Teint zu prüfen nach der Wüstentour, woll?“, sagt der Fahrzeug-Importeur aus Wuppertal. Im ersten Golfkrieg hatte der Hummer seine Feuertaufe bestanden, US-General Norman Schwarzkopf erklärte ihn zu seinem Lieblingsfahrzeug.

Wir richten den Rückspiegel, starten den Motor – und sind enttäuscht. Die Kolben gurgeln nicht drohend aus der Tiefe des Hubraums. Fünf Zylinder gleiten sirrend durch 3,5 Liter. Das ist keine Magma vor dem Ausbruch des Vulkans. Hier verrichten 220 Pferdestärken, an die Kandarre gelegt, ihren Dienst – eine gutwillige Maschine treibt vier Räder an.

Mehr nicht, und das ist wenig, auf der Autobahn jedenfalls: Neben uns eilt die Familienlimousine von Peugeot davon – der Löwe am Heck zeigt seine Krallen. Ein beherzter Tritt aufs Gaspedal, der Motor heult auf, die Automatik schaltet herunter, und der Hummer geht auf die Jagd. Doch die Verfolgung ist bald beendet. Der Motor befördert ein Gesamtgewicht von 2,2 Tonnen laut und betulich auf 160 Stundenkilometer. Ein Hummer ist eben kein Hai. Doch er sieht gefährlicher aus, als er ist: Der Löwe räumt das Feld. Dabei haben wir die Leistungsgrenze der Maschine bereits erreicht. Zurück geht es über die Dörfer zur Zentrale des Importeurs. Durch die engen Straßen macht das Cruisen richtig Freude.

Der „H3“ ist kein dicker Fang: Mit einer Gesamtlänge von 4,74 Metern ist er 42 Zentimeter kürzer, mit einer Höhe von 1,89 Metern 15 Zentimeter niedriger und mit einer Breite von 1,90 Metern 16 Zentimeter schmaler als „das Original“. Damit hat er die Maße eines durchschnittlichen Geländewagens – bei fünf Passagieren bleibt Platz für 835 Liter Gepäck.

An einem Zebrastreifen stoppen wir, um einen kleinen Jungen und seine Schwester passieren zu lassen. Sie springen ausgelassen über die Straße. Der Junge lacht auf und winkt dem Wagen vom Bürgersteig aus hinterher. Der verchromte Kühler, ausladende Kotflügel wie aufgeblähte Kiemen, der dicke Ersatzreifen am Fahrzeugheck – für den kleinen Mann ist es ein richtig großes Auto.

Aber Hand aufs Herz, ist es nicht vielleicht doch ein Fahrzeug für Frauen? Für die TV-Managerin Christina von Salm zum Beispiel, die einen Geländewagen der Konkurrenz fährt? Denn der Hummer verfehlt hierin seine Wirkung nicht: Von der Fahrerkanzel blickt man über die Dächer der kleinen Blechbüchsen vor einem hinweg – und fühlt sich geborgen wie in einer Festung. Seitenfenster und Windschutzscheibe sind so schmal wie Schießscharten. Über und unter den Scheiben gibt es viel dickes schweres Blech. In einem Hummer ist man sicher vor anzüglichen Blicken. Und gewiss, der beleuchtete Spiegel bedient auch die Eitelkeit von Schauspielern beiderlei Geschlechts.

Ach ja, und dann war ja noch die Frage des Kollegen: Was kann der denn als Geländewagen? Im Prospekt heißt es dazu: „Seine eigentliche Leidenschaft liegt in den kompromisslosen Geländefähigkeiten. Der elektronisch gesteuerte Borg-Warner Allradantrieb mit Sperrdifferenzial bildet eine hervorragende Grundlage. Mit einer Bodenfreiheit von 23 Zentimetern können ohne weiteres Stufen von 40 Zentimetern erklommen werden und Wasserstellen von bis zu 61 Zentimetern Tiefe durchfahren werden.“

Das konnten wir nicht überprüfen. Im Westen Deutschlands ist ein Ausflug ins Gelände ein ähnlicher Aufwand wie, sagen wir, ein Einsatz in der Wüste. Wir hätten es gerne versucht. Doch der Importeur sagte nur: „Kein Mensch kauft so ein Fahrzeug, weil er damit ins Gelände will.“ Das ist überzeugend. Es wäre wirklich zu schade um den Hummer – wie er so da steht, schwarz und glänzend.

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