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Nix mit Tschüss. An einer Schule in Passau heißt es ab sofort "Grüß Gott".

© dpa

Grüßen in der Schule: Servus, Herr Lehrer

An einer bayerischen Schule müssen Schüler künftig "Grüß Gott" zu ihren Lehrern sagen. Berliner Schulleiter halten wenig vom Hallo-Verbot – von Umgangsformen und Respekt dagegen schon.

Petra Seibert hatte es satt. Die bayerische Rektorin fühlte sich so sehr gestört vom schnöden „Hallo“ und „Tschüss“ ihrer Schüler an der Mittelschule St. Nikola in Passau, dass sie Konsequenzen zog. Kurzerhand verbannte sie die norddeutschen Grußformeln auf den schulinternen Index. Ab sofort sollen die Jugendlichen den Lehrkörpern mit einem landestypischen „Grüß Gott“ begegnen, frei nach dem bayerischen Sprachknigge.

Eine Entscheidung, die unter Berliner Lehrern vor allem Kopfschütteln auslöst. „Ich bin sprachlos, über was man sich in Süddeutschland derzeit Gedanken macht“, sagt Dagmar Porzelt, Schulleiterin an der Goethe-Oberschule Lichterfelde. Ihr käme es nicht in den Sinn, in die Begrüßungsgepflogenheiten ihrer Lehrer hineinzuregieren. Überhaupt komme es doch eher darauf an, dass der Tonfall stimme, meint die Direktorin.

Das klingt in Wedding nicht anders. Hier sitzt Michael Wüstenberg auf dem Rektorenstuhl der Lessing-Schule. Er amüsiert sich über die bayerische Angst vor der preußischen „Unterwanderung“. „Wir haben andere Probleme hier in Wedding“, meint der Schulleiter. Man solle sich lieber um das kümmern, was wirklich wichtig ist. Die bayerischen Benimmregeln hält er für „unnötige Dialektik“. Also alles frei Berliner Schnauze in der Hauptstadt? Das wohl eher nicht. Gute Umgangsformen seien auch ihm wichtig, sagt Wüstenberg. Aber ein freundliches „Hallo“ sei hier vollkommen ausreichend.

Den Berliner Rektoren geht es bei der Begrüßung in erster Linie um das Ritual, damit die Schüler wissen: Jetzt geht es los. Aber wie das im Einzelfall aussieht, wollen sie nicht festlegen. Auch die Aussage, die Benimmregeln würden in Süddeutschland die Jobchancen verbessern, sehen viele Pädagogen kritisch. „Für mich ist das pädagogischer Irrsinn“, sagt Jürgen Panteleit, Schulleiter in Charlottenburg. Umgangsformen würden sich nicht allein an der Begrüßung festmachen. Dogmatisch funktioniere bei pubertierenden Jugendlichen ohnehin gar nichts. So erklärt er auch die Tatsache, dass der Begrüßungschor, der den Lehrern bis zur 8. Klasse an seiner Schiller-Oberschule entgegenschmettert, ab der 9. Klasse in ein allgemeines Gemurmel übergeht.

Wie trotz dieser Vorzeichen der Respekt und der Umgang zwischen Schülern und Lehren verbessert werden kann, zeigen derweil einige Schulen in Neukölln. Hier warten die Direktoren allmorgendlich zum Schulbeginn im Foyer, um jeden Schüler per Handschlag zu begrüßen. Ein Konzept, das sich im Umgang miteinander auszuzahlen scheint. Die persönliche Begrüßung fördert den respektvollen Umgang miteinander. Am „Hallo“ ist eigentlich nichts auszusetzen, findet auch Bastian Sick, Schriftsteller und Gralshüter der deutschen Sprache. Er plädiert dafür, es den Schülern freizustellen, wie sie den Lehrer begrüßen wollen. Wenn es ihnen gefällt, auch auf gut Bayerisch. Der Weddinger Rektor Michael Wüstenberg hätte damit kein Problem: „Ich bin Preuße, aber über ein ,Grüß Gott‘ würde ich mich selbstverständlich trotzdem freuen.“ Jonas Breng

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