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Schule: Im Discovery durch die Highlands Wo die Engel noch Dudelsack spielen

In diesem Jahr führt die Landrover Experience Tour nach Schottland. Sie ist ein kleines Abenteuer für große Jungs

Zum Auftakt der Schottland-Tour besuchen die Teilnehmer in Solihull bei Birmingham die Geburtsstätte von Landrover . Dort steht heute ein hoch modernes Werk, in dem alle fünf Modelle der Marke produziert werden: Freelander, Defender, Discovery, Range Rover und Range Rover Sport. Auf dem Werksgelände befindet sich eines von weltweit insgesamt 24 Land Rover Experience Centern . In diesen Offroad-Erlebnisparks gibt es speziell errichtete Hindernisse, an denen die Fähigkeiten der Fahrzeuge getestet werden können. Für die Tour stehen Discovery-Fahrzeuge zur Verfügung. Gefahren wird jeweils zu zweit in einem

Wagen.

Im Angebot der LandroverExperience-Touren sind mittlerweile Namibia, Kanada, Island und Spanien . Ab Ende Juli kommt Schottland dazu. Die siebentägige Reise kostet ab 3235 Euro. Flug, Übernachtung, Verpflegung und Fahrzeug inklusive.

Weiteres im Internet: www.landrover.de

Der Spaß fängt an diesem Nachmittag erst richtig an als die Karre im Dreck sitzt. Mit dem Unterboden hat der Landrover aufgesetzt, alle vier Räder drehen im Morast durch, nichts geht mehr vor oder zurück. Die anderen vier Geländewagen des kleinen Konvois halten jetzt ebenfalls an. Fahrer und Beifahrer steigen aus. Das Brummen der Motoren verstummt und einen Moment lang liegt eine fast absolute Stille über den Bergen Schottlands.

Durch die karge Landschaft der Low- und Highlands führt in diesem Jahr die Landrover Experience Tour. Seit fünf Jahren gibt es diese Veranstaltung. Für Menschen, die jenseits befestigter Straßen auf Abenteuersuche sind, wird seither Jahr für Jahr irgendwo in der Welt eine neue Tour erschlossen. Einige Tage lang können sich zivilisationsmüde Menschen in Urwaldcamps, auf Gletscher oder eben in die schottischen Berge flüchten. Zunächst werden die Touren als Wettbewerb für Offroad-Profis veranstaltet. Anschließend entwickeln die Geländeexperten aus dem Event Folgereisen für jedermann.

Unsere kleine Gruppe aus zehn Personen gehört weder zum einen noch zum anderen. Wir haben die besondere Ehre, Versuchskaninchen zu sein: Bevor die eigentliche Tour gestartet wird, gibt es so genannte Prescout-Touren. Auf ihnen wird die Route noch ein letztes Mal abgefahren und getestet. Journalisten dürfen da mitunter mitfahren – und sind dankbare Versuchsobjekte: Nicht alle wissen nämlich, wie man via Satellit navigiert, einen Landrover Discovery durch ein Flussbett manövriert oder eben aus einem Schlammloch wieder rauskriegt.

Manche fragen sich allerdings auch, wozu man das eigentlich wissen muss, ob es nicht ein merkwürdiges Unterfangen ist, in klimatisierten Hightech-Autos über Stock und Stein zu fahren – nur so zum Spaß. Denn der Discovery der neuesten Generation schaukelt seine Insassen so souverän über jede Piste, dass selbst Einsteiger wie alte Hasen durchs Gelände pflügen. Ist das überhaupt noch eine Herausforderung? Die Antwort gibt eine nüchterne Zahl: 8000 Bewerber wollten die Wettbewerbs-Tour gewinnen. In den vergangenen Wochen machten sie in Qualifikationscamps die besten sechs unter sich aus. Vom 1. bis 8. Juli fährt diese kleine Gewinnercrew nun nach Schottland, um den Gesamtsieger unter sich auszumachen.

Und diese Teilnehmer werden uns gegenüber einen entscheidenden Vorteil haben: eine gehörige Portion Erfahrung. Mehr oder weniger ratlos stehen wir nun also vor dem fest gefahrenen zweieinhalb Tonnen schweren Discovery. Und während wir noch still vor uns hin sinnieren, schreitet Hans ans Werk.

Hans kennt sich mit solchen Dingen aus. Und für ihn ist die Aktion kein Problem, wie eigentlich nichts auf dieser Tour für Hans irgendein Problem ist. Er weiß, wie man Autos durch Flüsse rangiert oder aus Schlammlöchern befreit. Hans ist die Sorte Mensch, die einem auf Anhieb sympathisch ist – nein, nicht nur, wenn man in einem fest gefahrenen Auto sitzt. Der stets gut gelaunte und durchtrainierte Mittfünfziger gehört zum Experience Team. Er war bereits auf allen Touren dabei und hat vorher, als es sie in den Neunzigern noch nicht gab, an der Camel Trophy teilgenommen – der Mann ist Offroad-Profi durch und durch.

Die Landrover Experience Tour ist so eine Art Nachfolger der Camel-Abenteuer. Nur, dass es hier ein wenig gesitteter zugeht. „Es ist ein kontrolliertes Abenteuer“, sagt Hans. Die Touren sind vorab erkundet und führen niemanden in existenziell bedrohliche Situationen. Sie erfordern von den Teilnehmern allerdings eine ordentliche Portion Abenteuer-Laune. Im Gegenzug gibt’s Spaß ohne Ende. Große Jungs können mit noch größeren Autos so richtig im Dreck wühlen, sich gegenseitig befreien, wenn sie damit in Flüssen feststecken, und abends im Zelt übernachten. Frauen übrigens auch, aber deren Anteil ist auf unserer Tour eindeutig unterrepräsentiert.

Bislang hatte Hans sich unscheinbar im Hintergrund gehalten, aber jetzt ist seine Stunde und damit die der „Winch“ gekommen. Eine Winch ist so eine Art Retter in der Not. Wenn nichts mehr geht, zieht man sich mit dieser Seilwinde, die jeder Discovery vor der vorderen Stoßstange trägt, aus jeglicher misslichen Lage – weiland Baron von Münchhausen konnte das nicht besser, als er sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf befreite. Wir ziehen uns jetzt gegenseitig aus dem Dreck und kehren um. Denn oberstes Prinzip der Touren ist es, Natur nicht zu zerstören. Wenn es an einer Stelle nicht weitergeht, muss ein anderer Weg gesucht, aber nicht neu geschaffen werden.

Fester Bestandteil der Experience Touren ist es aber auch, nicht nur das Land jenseits befestigter Wege kennen zu lernen, sondern ebenso die Leute in ihren zivilisierteren Daseinsformen. Und so gibt es Teilstrecken, auf denen man weniger mit Felsblöcken und Abhängen zu kämpfen hat, als vielmehr damit, dass die Schotten allesamt auf der falschen Seite fahren, nämlich links.

Die Vorzüge dieser Abschnitte liegen darin, das Schottland zu erleben, das bei Sonnenschein wie eine völlig überschönte Hollywood-Kulisse daherkommt. Die Orte, die unaussprechliche Namen wie Pitlochry oder Blair Atholl tragen, verwandeln sich dann schlagartig in Bilderbuch-Szenerien, in denen die Männer gelegentlich einen Dudelsack, ziemlich oft aber einen Kilt spazieren tragen. In den Cafes versammeln sich sofort sämtliche Einwohner neben den Touristen. Und wer das Glück hat, den schottischen Akzent zu verstehen, kann sich sogar einen Kaffee bestellen. Auch ein anderes Getränk darf auf den Touren natürlich nicht fehlen: Whisky. Der Schotte wächst gemeinhin damit auf, sagen die Schotten. Auf jeden Fall prägt das hochprozentige Mysterium das Land, wo immer man geht oder steht. Alle Nase lang lädt eine Distillerie zur Besichtigung ein. Und abends am Lagerfeuer, wenn die Zelte aufgeschlagen sind, wärmt das gute Gesöff auch Offroad-Abenteurer von innen.

Neben „dem besten Whisky der Welt“ (unzweideutige Meinung so ziemlich aller Schotten), gibt es in Schottland natürlich andere Wunder zu entdecken: Nessi haust in Loch Ness und wartet noch immer darauf, gesehen zu werden. In den glasklaren Flüssen tummeln sich die Lachse, die auch geräuchert nicht zu verachten sind, und in der Kapelle des Fort George nahe der Stadt Inverness ziert der einzige Dudelsack spielende Engel der Welt ein Kirchenfenster.

Auf solche Ideen können wohl nur Schotten kommen. Dieses eigensinnige Völkchen im Norden der Insel hegt einen ausgeprägten Nationalstolz und tut ihn kund, wo immer es geht: Auf Geschirrhandtüchern in Souvenirshops oder in langen, teils wunderlichen Geschichten. Wer einige davon hören will, muss sich mit Landrover auf ein kleines Abenteuer einlassen. Dort werden abends am Lagerfeuer nicht nur die Heldentaten großer Jungs kundgetan, auch uralte Geschichten werden hier immer wieder zu neuem Leben erweckt.

Wie ein Nilpferd im schottischen Hochland: Zweieinhalb Zentner quälen sich durch das Flussbett. Nur Augen und Ohren schauen noch aus dem Wasser.

Nichts für Sonntagsfahrer: Das schimmernde Design des Geländewagens verliert schon nach wenigen Kilometern seinen Glanz. Wer sein Auto gerne sauber hat, wird solch ein Terrain verfluchen.

Roland Koch

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