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Schule: In aller Offenheit

Unser Autor saß niemals zuvor in einem Sportwagen – nun hat er den neuen Mazda MX-5 gefahren

Von David Ensikat

Kognitive Dissonanz, zwei Worte, mit denen kein Autotest beginnen sollte. Deshalb haben sich die Werbefachleute von Mazda etwas Einprägsameres dafür einfallen lassen: „Zoom-Zoom“, sprich: „Suhm Suhm“. Mit weichem „S“.

Es ist doch so: Autos schmutzen, nerven, sind gefährlich, man weiß es. Dennoch fährt man, oft auch wenn man’s gar nicht muss; der ein oder andere fährt gar Auto, weil er Spaß dabei verspürt. Die Psychologen nennen den Widerspruch zwischen Wissen und Tun: „Kognitive Dissonanz“.

Ein Auto wie der Mazda MX-5, ein „Roadster“, ein Spaßmobil, das ist die blechgewordene Aufforderung zur kognitiven Dissonanz. Der Europachef von Mazda, Michael Bergmann, sagt das ein wenig volkstümlicher: „Der MX-5 verkörpert Zoom-Zoom in seiner reinsten Form.“ Er meint das gar nicht lustig.

Kann Autofahren Spaß machen? Ich wohne in der Stadt, fahre ein Auto mit zwei Kindersitzen auf der Rückbank. Der Wagen ist so kurz, dass ich zumindest bei der Parkplatzsuche ein Gefühl der Überlegenheit verspüre. Unterwegs fragen die Kinder alle fünf Minuten, wann wir da sind. Spaß macht da allein die Ankunft.

Dass Mazda den MX-5 in seiner dritten Ausführung an der portugiesischen Algarve vorstellt, liegt nicht nur am besseren Wetter dort, sondern auch an den freieren Straßen mit den vielen Kurven und dem frischen Straßenbelag. Die Spaßbremsen der Heimat fehlen hier: Berufsverkehr, kalter Herbstwind, buckelige Brandenburger Straßen, Kinder, denen es nur ums Ankommen geht (für die hat der MX-5 ohnehin keine Rückbank).

Nun steht man also vor dem Auto, es sieht schnittig aus, vor allem flach. Wie kommt man angemessen da hinein? Über die Tür springen? Ohne Übung lässt man das lieber. Um die Tür zu öffnen, muss man sich bücken. Dann beugt man sich noch tiefer hinab, dreht sich ein Stück und lässt sich nach hinten fallen. Ich tue das, und, was soll ich sagen, im Mazda Spaßmobil sitze ich deutlich ernster als in meiner Heimatkutsche. Der Ledersitz ist fest, wie gemacht für den empfindlichen Büromenschrücken.

Wie sieht das Ganze nun von innen aus? Vor allem schwarz und glänzend, kein bisschen Holzvertäfelung. Durchzählen mag ich nicht, aber es sind da ähnlich viele Knöpfe und Schalter wie in meinem Auto, und die sitzen auch an ähnlichen Stellen. Nur die Pedalen sind viel schicker, ein Jammer, dass man sie treten muss.

Das Motorgeräusch – das ist ja wichtig bei solchen Autos. Nun, es macht halt Brumm, vielleicht ein wenig lauter als zu Hause. Ein Kollege vom Fach sagt: „Könnte kerniger auftreten, vom Sound her.“ Finde ich nicht. Ist aber egal, denn das Autoradio ist sehr gut: Sie haben da ein spezielles eingebaut, eins von Bose für 820 Euro extra. Dumm daran ist nur, dass man zum Rowdy wird, der die Passanten mit seinem Musikgeschmack erscheckt. Im Cabrio muss man es schließlich etwas lauter machen.

Ich folge einem Kollegen, der bestimmt etwas mit der Wegekarte anfangen kann. Es geht durch die Betonwüste an der Algarveküste, immer mal eine Ampel, und ich fühle ein erstes Mal in mich hinein: Macht das jetzt Spaß?

Weiß nicht. Fährt halt und bremst auch. Beim Schalten merkt man, dass das Getriebe gleich unterm Hebel sitzt, sehr direkt, wirklich. Das Lenkrad dreht sich schwer – wird doch wohl Servo haben? – ja, klar, hat Servo und ist auch sehr direkt, wie die Kollegen sagen. Am Lenkradknopf den nächsten CD-Titel einstellen, lauter, leiser stellen, das macht Spaß. Feststellen, dass so ein Auto sofort das tut, was man mit dem rechten Fuß andeutet – macht das Spaß? Ich staune immerhin: So kenne ich das gar nicht.

Dann haben die Betonbauten ein Ende, und der Kollege vor mir fährt ins Land hinein. Er fährt immer schneller, ich auch. Ist ganz einfach. Dann beginnen die Kurven. Der Kollege fährt immer noch immer schneller. Ich versuche zu folgen und habe überhaupt keine Zeit mehr, über Fahrspaß nachzudenken. Der haut mir ab, hier, mitten in Portugal… die Kurve da… ich muss mal bremsen… wo ist der jetzt hin… ich verstehe die Karte doch nicht…

Dann ist er weg, und ich fahre langsamer. Mit vierzig um die Kurve zum Beispiel. Das geht gut. „Das Ding liegt wie ein Brett auf der Straße“, sagen die Kollegen. Angst umzukippen, habe ich tatsächlich nie. Die Kollegen bemängeln jedoch dies: „Wenn man das DSP ausschaltet, ist es nicht völlig aus.“ DSP ist eine Automatik, die sich darum kümmert, dass das Hinterteil des Autos in der Kurve nicht wegschleudert, wenn man so in die Kurve fährt, wie die Kollegen das eben tun. Sie finden, dass ein Fahrspaßauto auch mal schleudern sollte.

Ich bin da anderer Meinung, und wie ich so gemächlich um die Kurven fahre, wie auf Schienen, die Musik ist schön, den Motor hört man darunter nicht, die Landschaft drum herum ist sowieso ganz wunderbar, so hügelig und kurvig, man sieht aus dem offenen Auto ganz viel davon – da muss ich mich gar nicht fragen, ob das jetzt Spaß macht. Das tut es von ganz allein. Zumal die Frage des Ankommens nun keine Rolle mehr spielt. Der wegweisende Vordermann ist fortgerast (er kommt später übrigens heil im Hotel an, wofür man den Mazda wirklich loben muss).

An einer Straßengabelung sieht es links schöner aus als rechts, also fahre ich links – und lande auf einer unbefestigten Straße. Da spüre ich auf einmal jeden Stein. Der Weg endet in einem Steinbruch, erst hier kann ich wenden. Und ich sehe all die Nutzfahrzeuge Nützliches verrichten, einen Bagger, der baggert, einen Laster mit einer großen Lastfläche. Ich steige aus und öffne mal den Kofferraum – huch, ist der klein. Ein kleiner Koffer könnte gerade so reinpassen. Aber die Mazda-Leute sagen ja, es gehe beim „Zoom-Zoom“ um die Freude am Fahren, nicht um die Freude am Transportieren.

War das gerade eine kleine Dissonanz? Ach was, ich lasse mich wieder in die rote Flunder fallen, gucke mir erstmals die Karte an, erkenne doch noch, wo ich bin, und fahre fort.

Es zieht nicht sehr in diesem Auto, erst ab 80 weht der Wind hinein. Irgendwann wird es aber doch zu kühl. Ich halte an und stelle fest, dass das Verdeck zu schließen irrsinnig schwer fällt. Wie unspaßig: Man muss aussteigen dafür! Aufmachen dagegen ist ganz leicht, das geht sekundenschnell mit einer Hand. Komisch: Zumachen müsste eigentlich schneller gehen als Aufmachen, oder?

Am nächsten Tag noch eine Runde, einmal gerate ich sogar in einen kleinen portugiesischen Stau, der mich an die Heimat und an die Dissonanz erinnert. Vor mir ein LKW – unter dem kann ich glatt durchgucken.

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