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Jugend forscht: Neukölln will’s wissen

Die Anna-Siemsen-Hauptschule macht zum dritten Mal bei "Jugend forscht" mit. Ein Erfolg ohnegleichen. Diesmal treten die Schüler mit Projekten zu belebtem Wasser an.

Generalprobe im Chemie-Unterricht der Neuköllner Anna-Siemsen-Hauptschule. Maximilian Dietz ist aufgeregt. Hastig wischt er sich die Hände an der Hose ab. „Ich habe getestet, ob Äpfel und Joghurt haltbarer werden und anders schmecken, wenn sie auf Belebungsplatten mit belebtem Wasser in Verbindung kommen“, sagt der 18-Jährige, und seine Stimme zittert ein bisschen. Die Haltbarkeit habe sich nicht verändert, der Geschmack aber schon. „Wasser speichert Informationen, und belebtes Wasser …“, der Junge im schwarzen Nadelstreifenhemd stockt, als er versucht zu erklären, wie es sich zusammensetzt. „Kein Problem, für nächste Woche üben wir noch, wie du das Phänomen von belebtem Wasser erklärst“, sagt seine Chemielehrerin Regina Ewert aufmunternd. Maximilian nickt und setzt sich erleichtert. „Das ist auch ziemlich kompliziert.“

Maximilian ist einer der acht Schüler der Hauptschule, die am Regionalwettbewerb von „Jugend forscht“ in Berlin teilnehmen. Dreimal hat die Schule bisher an Deutschlands bekanntestem Nachwuchswettbewerb teilgenommen. Letztes Jahr war sie als einzige Hauptschule vertreten und mit vier Schülerinnen in den Landeswettbewerb eingezogen.

„Seit Bestehen von ‚Jugend forscht‘, also seit 43 Jahren, hat sich nach unseren Informationen noch nie eine Hauptschule in Berlin bis zum Landeswettbewerb qualifiziert“, sagt Rektorin Renate Lecke. Sie sei noch immer stolz auf den Erfolg ihrer Schülerinnen aus der Türkei, dem Libanon und Albanien. „Es wird oft gesagt, dass man solch eine Arbeit mit Hauptschülern nicht machen kann. Aber das stimmt nicht!“ Davon ist auch Chemielehrerin Ewert überzeugt. „Als wir hörten, dass die vier es geschafft haben, sich für den Landeswettbewerb zu qualifizieren, standen uns Tränen in den Augen.“

Neben sieben Achtklässlern ist Maximilian der Einzige aus einer zehnten Klasse und der Einzige, der ganz allein sein Experiment vorstellt. Kurz vor dem Wettbewerb sind drei Mitstreiterinnen zerstritten abgesprungen. „Ich wollte schon immer bei ,Jugend forscht‘ mitmachen, deswegen bin ich drangeblieben“, sagt der 18-Jährige, der früher nicht so gut in Chemie gewesen sei. „Aber letztes Jahr habe ich eine Zwei im Zeugnis gehabt und Frau Ewert gefragt, ob ich mitmachen kann.“

Regina Ewert ist engagiert. Seit zweieinhalb Jahren ist sie Chemielehrerin. Zuvor hat die 55-Jährige im Umweltschutz gearbeitet. „Im Gegensatz zu Gymnasialschülern, die schwerpunktmäßig wegen der naturwissenschaftlichen Ergebnisse antreten, lernen unsere Schüler in erster Linie verantwortlich und zuverlässig im Team zu arbeiten und ihre eigenen Launen zurückzustellen.“ Von den ursprünglich 16 Schülern in sechs angemeldeten Projekten hätten es letztendlich acht mit vier Projekten in den Wettbewerb geschafft.

Besonders stolz ist Ewert auf ihre beiden türkischen Teilnehmerinnen, die erst zwei Jahre in Deutschland leben und ihre anfänglichen Sprachschwierigkeiten schnell überwanden. Sevim Yardimli und Dilan Yilmaz untersuchen anhand von Kressesamen, ob „belebtes Wasser“ das Wachstum von Pflanzen beeinflusst. Der Arbeit zugrunde liegt die – wissenschaftlich umstrittene – Annahme, dass Wasser alle Informationen speichert, mit denen es in Kontakt kommt. Einige dieser Informationen sind für Lebensfunktionen nützlich und andere schädlich. Anhänger der Wasserbelebung gehen davon aus, dass Leitungswasser überwiegend schädliche „Informationscluster“enthält, da es durch die Leitungen gequetscht wird. Diese negative Veränderung sei durch ein chemisches Verfahren der „Belebung“ umkehrbar. „Belebungsplatten“ sind Geräte, die die schädlichen Informationen in nützliche verwandeln.

Sönke Goldsweer und Sebastian Ogryssek haben sich als einzige von den acht Bewerbern ein eigenes Projekt ausgedacht. „Um eine Hautcreme herzustellen, die gut einzieht und preisgünstig ist, haben wir getestet, welcher Emulgator und welches Öl sich am besten und dauerhaft miteinander mischen lassen“, sagt Sebastian. Er habe in den Ferien einen Fernsehbericht in „Galileo“ darüber gesehen. „Das ist meine Favourite-Sendung.“

Konzentriert arbeiten und Ausdauer beweisen. Das bedeutete für die Schüler, einen Monat lang täglich an ihrer Versuchreihe zu arbeiten und in der heißen Phase viele Pausen und Nachmittage zu opfern, Protokoll zu führen und schließlich die Ergebnisse in einer Präsentationsmappe zusammenzutragen. „Denn wir wollen für unsere Schule einen Preis gewinnen“, gibt Lisa Schröder das Ziel vor.

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