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Kinder unterwegs. Die Polizei empfiehlt, auch Grundschüler möglichst zu Fuß zur Schule gehen zu lassen. Manche Schulen bieten ihre Hilfe an, Schülergruppen für den gemeinsamen Schulweg zu organisieren.

© picture-alliance/ dpa

Kinder im Straßenverkehr: Eltern machen den Schulweg noch gefährlicher

Sie versperren Zufahrten oder parken in der zweiten Reihe: Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Anwohner klagen über das morgendliche Gedränge und Gehupe – und auch die Polizei rät davon ab, zu hoch seien die Risiken.

Sie bringen Schüler in Gefahr und Anwohner zur Weißglut: Eltern, die ihre Kinder auf den letzten Drücker mit dem Auto zur Schule bringen und mangels Parkplätzen in Zufahrten parken – oder gleich in der zweiten Reihe halten und die Fahrbahn blockieren. Die sogenannten Elterntaxis schaffen gerade vor den Schulen eine unübersichtliche Verkehrssituation und erhöhen damit für Kinder, die zu Fuß unterwegs sind, das Unfallrisiko. Wie die Polizei mitteilte, wurden seit Schulbeginn mehr als 1400 Autofahrer wegen Falschparkens vor Schulen erwischt. Das ist eine Bilanz der Schwerpunktkontrollen der vergangenen zwei Wochen.

Die meisten Mütter und Väter wissen wohl, dass sie ihren Kindern mit dem Fahrdienst keinen Gefallen tun. Doch dann ist die Zeit morgens doch wieder zu knapp oder das Wetter zu schlecht, und die guten Vorsätze sind vergessen.

„Jeden Morgen gibt es hier Gedränge und Gehupe“, erzählt eine Frau, die neben einer Grundschule in Wilmersdorf wohnt. „Ich komme nicht mal aus der Garage heraus.“ Der Stau in der Wohnstraße wird noch verstärkt, weil um die Ecke eine Privatschule liegt, zu der Kinder aus der ganzen Stadt gebracht werden. Das allmorgendliche Verkehrschaos kurz vor acht betrifft vor allem Grundschulen oder Schulen mit einem speziellen Angebot wie beispielsweise bilingualen Zweigen.

Das nervt nicht nur die Anwohner, auch die Polizei rät dringend davon ab, die Kinder mit dem Auto zu bringen. Das Unfallrisiko wird dadurch unnötigerweise erhöht. Besonders gefährlich sei es, wenn in der Hektik Kinder auf der Fahrbahnseite statt auf der Gehwegseite aus dem Auto gelassen werden, sagt der Verkehrspräventionsexperte der Berliner Polizei, Andreas Tschisch.

Entscheidend sei, dass die Eltern sich immer gewahr werden, dass sie eine Vorbildfunktion für ihr Kind haben – auch im Straßenverkehr, sagt Tschisch. Wichtig sei es, Kinder beim Schulweg früh zur Selbstständigkeit zu erziehen – unter Anleitung der Eltern, rät Tschisch. Es sei sinnvoll, den Weg vorab gemeinsam zu gehen und zu üben. Im Internet finden sich für jeden Bezirk Schulwegpläne, zum Beispiel unter www.schulwegplaene-berlin.de, die den besten und sichersten Weg zur Schule zeigen. „Idealerweise begleiten die Eltern das Kind mehrere Wochen oder Monate, je nach Reife des Kindes, zur Schule“, sagt Tschisch. Danach sei es wichtig, sich sukzessive zurückzuziehen, indem man beispielsweise sagt: „Geh schon mal vor, ich komme nach“, und dem Nachwuchs unauffällig folgt, um zu schauen, ob alles richtig gemacht wird. „Und helle, reflektierende Kleidung, gerade im Herbst und Winter ist wichtig“, sagt Tschisch.

„Viele Eltern wollen einfach wissen, dass ihr Kind sicher in der Schule angekommen ist“

Ganz entschieden rät die Polizei allerdings davon ab, Kinder unter zehn Jahren allein mit dem Fahrrad zur Schule radeln zu lassen. „Die Gefahren mit dem Fahrrad im Straßenverkehr sind einfach höher“, sagt Tschisch. In Fällen, wo Eltern Gründe haben, ihr Kind mit dem Auto an der Schule abzusetzen, sei es wichtig, die „Mobilitätserziehung“ trotzdem nicht zu vernachlässigen und an freien Nachmittagen mit dem Kind das Verhalten im Straßenverkehr zu proben. Besonders hilfreich sei, wenn Eltern ihren Kindern zeigen, wie sie die Straße überqueren müssen: Also an der Ampel, am Zebrastreifen oder dort, wo ein Schülerlotse steht.

„Wenn es sich wirklich nicht anders organisieren lässt, dann parken Sie zumindest etwas weiter von der Schule entfernt und lassen Ihr Kind die letzten 100 Meter alleine gehen“, rät Gabi Jung vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der an Schulen alljährlich Projektwochen zur Verkehrserziehung organisiert. Mehr Bewegung und ein bisschen frische Luft vor dem Unterricht tue den Schülern gut. Auch viele Schulen appellieren an die Eltern. Einige bieten ihre Hilfe an, Schülergruppen zu organisieren, die morgens gemeinsam gehen könnten.

Wie viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto bis zur Schule fahren, hängt offenbar auch von der Sozialstruktur der Bezirke ab. „Bei uns wird eher Fahrrad gefahren“, sagt Inge Hirschmann, Leiterin der Heinrich-Zille-Grundschule in Kreuzberg. Doch auch bei ihr begleiten viele Eltern die Kinder bis ins Gebäude. Hirschmann hat dafür Verständnis: „Viele Eltern wollen einfach wissen, dass ihr Kind sicher in der Schule angekommen ist.“

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