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Kommentar: Mehr als Herzblut

Eine Schule für alle, egal ob gesund, behindert oder hochbegabt, ist die Zukunft. Doch ohne Investitionen kann man diese Schulreform nicht durchsetzen.

Das traditionell aussortierende deutsche Bildungssystem mit seinem Nebeneinander von Regelschulen und spezialisierten Förderschulen ist ein Auslaufmodell. Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, das System so zu reformieren, dass Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam zur Schule gehen können. Eine Schule für alle, egal ob sie blind sind, taub, körperlich oder geistig behindert, gesund oder hochbegabt – das ist die Zukunft.

Was braucht Schule, um eine inklusive Schule sein zu können? Auf diese Frage suchen derzeit in Berlin Fachleute, Politiker und Betroffenenverbände eine Antwort. Doch offenbar stehen sich Verbände und die Vertreter der Senatsbildungsverwaltung unversöhnlich gegenüber. Viele befürchten, die im Inklusionskonzept vorgesehene Umsteuerung der sonderpädagogischen Versorgung von den Förderzentren in die Regelschulen bedeute in der Praxis eine Verschlechterung. Aber auch die betroffenen Eltern sind gespalten: Manche wollen ihr behindertes Kind unbedingt in einer Regelschule unterbringen; andere klammern sich an die Förderzentren, weil sie Angst haben, ihr Kind ginge in einer Regelschule unter.

Berlin ist im Bundesvergleich bereits Vorbild in Sachen Integration. Hier gibt es preisgekrönte Integrationsschulen wie die Friedenauer Fläming-Schule und die Heinrich-Zille-Grundschule in Kreuzberg, an denen gemeinsames Lernen seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert wird. Diese Schulen machen vor, wie Inklusion gelingen kann: mit viel Engagement, qualifiziertem Personal und ohne Berührungsängste. Den ersten Schüler im Rollstuhl, erzählt Inge Hirschmann, Leiterin der Zille-Grundschule, hätten sie mangels Aufzug die Treppen hoch- und runtergetragen. Vieles ist möglich, wenn man es nur will.

Doch der flächendeckende Umbau der Schulen wird nicht nur mit dem Herzblut von Eltern und Lehrern zu meistern sein. Wer vorgibt, eine solch radikale Schulreform ohne große Investitionen durchpeitschen zu können, verkauft nicht nur die Betroffenen für dumm. Der neue Senat wird sich auch daran messen lassen müssen, wie viel ihm der Weg zu einer Schule für alle Kinder wert ist. bak

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