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Kooperation: Mit Basketball durchs Schuljahr dribbeln

Schon 35 Grundschulen kooperieren mit Alba Berlin. Aber die Verwaltung bremst ein erweitertes Angebot für die Ganztagsschulen.

Berlin lebt das Prinzip Ganztagsschule. Ein im Prinzip wunderbares Prinzip. Das System Ganztagsschule heißt: Zeit und Raum stehen zuhauf zur Verfügung. Nüchtern heißt das zunächst: Schüler haben einen Acht-Stunden-Tag und die jeweilige Schule bietet Räume und Personal, um diese Stunden zu füllen. Aus der Sicht eines Sportlers kann die Ganztagsschule der Ort sein, um Sport zu leben. Schulen stehen in der Regel Sporthallen bis 16 Uhr zur alleinigen Verfügung, Zeit für zusätzlichen Sport neben dem regulären Sportunterricht ist vorhanden respektive sollte unbedingt vorhanden sein. Wir müssen an die Schule.

Dementsprechend ist das Schulprogramm „ALBA macht Schule“ die Grundlage des ALBA-Jugendprogramms. In den letzten zwei Jahren wurden mit 35 Innenstadt-Schulen Partnerschaften geschlossen.

Der Inhalt dieser Partnerschaften besagt, dass wir an diesen Schulen Basketball-AGs aufbauen. Von der Schule benötigen wir lediglich eine Hallenzeit. Die Trainer stellen wir. Am Anfang des Schuljahres führen wir im Sportunterricht Projektstunden durch und machen auf die Basketball-AG aufmerksam. Seit diesem Schuljahr führen wir zusätzlich eine Schulliga durch, d.h. die einzelnen Schulen spielen regelmäßig wochentags gegeneinander. Am Ende des Schuljahres findet dann ein großes Abschlussturnier statt. Die AGs sind kostenlos – 600 Kinder besuchen inzwischen regelmäßig unser Training. Wir sind an den Schulen angekommen.

In den Schulen sind wir deswegen noch lange nicht. Warum ist es so einfach mit besagten Schulen Partnerschaften abzuschließen? Die Vermutung liegt nahe, dass die beteiligten Schulen gerne partizipieren, weil ALBA der Partner ist und weil – mit Ausnahme der garantierten Hallenzeit – von Schulseite nichts Großartiges getan werden muss. Aus der Perspektive der Jugendtrainer heißt das: Sie sind ungewollt autark im System. Ohne Anbindung ans Kollegium. Wie aber kommt man nun in das System hinein? Indem die Schule einwilligt, zusammen mit ALBA ein zusätzliches Sportangebot an der Schule zu schaffen. Indem das Schulprogramm dementsprechend umgeschrieben wird. Indem Schulleitung und verantwortliche Lehrer im Alltag das Projekt mitleben.

Interessanterweise gibt es bereits ein Senatsprojekt, dem wir uns gerne anschließen wollen, es läuft (noch) unter dem Namen „Sportbetonte Grundschule“. Die Finanzierung ist langfristig noch ungeklärt. Das wissen letztlich alle.

Im Augenblick beschäftigt ALBA vier Trainer hauptamtlich im Jugendbereich. Weitere vier Trainer bilden wir intern aus, sie werden pauschal mit 400 Euro bezahlt. Insgesamt arbeiten aber 29 Trainer für den Verein als Schul- und/oder Vereinstrainer. Im Idealfall könnte man ihnen allen eine hauptamtliche Tätigkeit als Perspektive bieten, denn alle Trainer würden das, was sie tun, gerne ihr Leben lang machen. Die meisten studieren, teilweise gar auf Lehramt. Würde man ihnen aber eine klare Berufsperspektive in ihrem Sport, also dem Basketball geben, dann gäbe es kein Zweifeln, sie wären dabei. Unser Ziel ist konkret: Bis zum Jahr 2012 wollen wir mit zehn Ganztagsschulen inhaltlich vertiefende Partnerschaften schließen und mit ihnen an ihrer Schule ein Sportprofil aufbauen.

Hierfür wollen wir zehn neue Jugendtrainerstellen schaffen; bewusst setzen wir uns hierbei zum Ziel, mit dem Gehalt konkurrieren zu wollen, das ein Sportlehrer zum Berufseinstieg erhält. Möglich wird das, wenn die entstehenden Kosten geteilt werden. Die Schule auf der einen Seite, der Verein auf der anderen. Möglich wird das, weil alle Beteiligten, Schule, Verein und Trainer, von der neuen Perspektive profitieren.

Vier dieser Schulen stehen jetzt bereits für das Schuljahr 2009/10 fest. Wir bieten als Profiverein die benötigte fachliche Qualität, den außerschulischen Experten sowie die für den Schulalltag so gar nicht unwichtige „Aura“. Unser Curriculum bringen wir mit den Schulen in einen schulkompatiblen Zusammenhang. Sportlehrer und Jugendtrainer bilden ein Team, zusammen gestalten und leben sie das Projekt. Ob alle Kinder oder nur einige das Sportprofil wahrnehmen, ob zwei oder gar drei Stunden mehr Sport, das bleibt zunächst den Schulen überlassen.

Natürlich möchten wir helfen, möglichst viele Kinder sportlich auszubilden, gründlich und spielerisch. Das bedeutet im Idealfall: Sechs Stunden Sport in der Woche für die Kinder, die in alle nur denkbaren Spiel- und Einzelsportarten eingeführt werden. Der viel zitierte Mangel an Bewegung, der gerade das großstädtische Aufwachsen auszeichnet, wird somit ein Stück weit ausgekontert.Die Sport-AGs verschwinden nicht, in ihnen wird vielmehr ein Basketballtraining für die besonders interessierten Mädchen und Jungen angeboten. Hier trainiert also das Schulteam, welches am Wochenende am Kinder- und Jugendspielbetrieb der Vereine teilnimmt.

Wieso reden wir im Zusammenhang mit Schule eigentlich so selten von zufriedenen oder gar glücklichen Kindern? Und einigen uns stattdessen auf die PISA-Studie. Was beschäftigt Menschen ihr Leben lang, womit ist eine lebenslange Leidenschaft verbunden? Mit Mathematik oder Physik? Wohl eher selten.

Schule in Form von Ganztagsschule bietet Zeit und Raum. Schule könnte ein Ort sein, an dem Zeit für Dinge veranschlagt wird, welche die meisten Leute zu Recht ein Leben lang beschäftigen: Sport. Musik. Oder Film. Bestenfalls passiert das ja auch. Die Frage ist, inwieweit generelle Bedingungen geschaffen werden, dass „Experten“ von außerhalb einen festen, weil wichtigen Platz an der Schule finden können. Nicht als Lehrer, sondern als Fachleute für einen Bereich, der an den Schulen, aus welchen Gründen auch immer, zu kurz kommt. Warum sollten nicht alle Kinder mit mehr Sport oder Musik während der Schulzeit „versorgt“ werden?

Henning Harnisch

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