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Lese-Studie: Auch Migrantenkindern wird oft vorgelesen

In jeder dritten Migrantenfamilie lesen die Eltern ihren Kindern täglich vor. Nach einer Studie der Stiftung Lesen erzählt aber jedes zweite Elternpaar aus der Türkei nie Geschichten.

Mütter lesen ihren Kindern wesentlich öfter vor als Väter, dies ist bei deutschen Familien und Familien mit Migrationshintergrund gleich. In jeder dritten Migrantenfamilie lesen die Eltern ihren Kindern allerdings täglich vor. In 13 Prozent der Familien bekommen die Kinder dagegen nie vorgelesen. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede zwischen türkischen und arabischen Familien. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie zum Vorlese- und Erzählverhalten in Migrantenfamilien der Stiftung Lesen in Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ und der Deutschen Bahn. Die Studie wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Auch in Familien, bei denen mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund hat, nehmen sich besonders die Mütter Zeit: 36 Prozent lesen täglich vor, bei den Vätern sind es nur zwölf Prozent. „In deutschen Familien ist das Muster sehr ähnlich“, sagte Simone Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung. Eine Kinderbefragung hatte 2008 ergeben, dass nur elf Prozent der Kinder von Vater und Mutter vorgelesen bekommen.

Wie oft Eltern ihren Kindern vorlesen und Geschichten erzählen, unterscheidet sich insbesondere nach dem Herkunftsland. „In türkischen Familien spielen Vorlesen und Erzählen seltener eine Rolle“, sagte Ehmig. In einem Drittel der Familien aus der Türkei lesen die Eltern nie vor, in fast der Hälfte erzählen sie nie Geschichten. Typische Erzähler seien dagegen Eltern aus arabischen Ländern: In 82 Prozent der Familien erzählen sie mindestens einmal in der Woche, 86 Prozent lesen ebenso häufig vor. Natürlich spiele auch die Bildung beim Vorleseverhalten eine wichtige Rolle, erläuterte Ehmig: „Doch auch hier bleibt die Herkunft entscheidend.“ So lesen laut Studie nur in drei Prozent der Familien aus Osteuropa und Russland Eltern mit hoher Bildung ihren Kindern nie vor, bei türkischen Familien sind es 19 Prozent. Ein weiteres Ergebnis der Studie: In Migrantenfamilien mit muslimischem Hintergrund spielen religiöse Inhalte beim Lesen und Erzählen zwar eine große, aber keine größere Rolle als in christlichen Familien.

Als Konsequenz aus der Studie will die Stiftung Lesen „in Zukunft mehr ehrenamtliche Vorlesepaten mit Migrationshintergrund gewinnen“. Unter dem Motto „Alle Kinder dieser Welt“ verteilt sie zunächst 4000 Vorlesekoffer an Kindertagesstätten im Ruhrgebiet. Die enthaltenen Geschichten handeln von Kindern, die in Deutschland leben, aber aus verschiedenen Kulturen stammen. Später sind auch Vorlesekoffer für Berliner Kitas geplant.

Am 26. November organisieren die Stiftung Lesen, „Die Zeit“ und die Deutsche Bahn den siebten Vorlesetag, dann werden rund 9000 Vorleser, darunter Veronica Ferres, Gregor Gysi und Oliver Bierhoff, in Kitas, Schulen und Bibliotheken bundesweit vorlesen.

Sophie Crocoll

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