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Siegerlächeln. Lehrer Robert Rauh (Mitte), Ex-Schüler Dustin Stadtkewitz (li.) und Direktor Detlef Schmidt-Ihnen.

© F: Thilo Rückeis

Schule: Liebling Hohenschönhausen

Robert Rauh gewinnt den Deutschen Lehrerpreis – als einziger Pädagoge aus Berlin. Vorgeschlagen haben ihn seine Schüler.

Mit einer guten Nachricht hatte Robert Rauh nicht gerechnet, als ihn sein Schulleiter am Hohenschönhausener Barnim-Gymnasium vor ein paar Wochen zu sich bestellte. Eher mit einem Problem. Als ihm dann mit ernster Geste auch noch ein Platz im Direktorenzimmer angeboten wurde, schienen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Stattdessen bekam Robert Rauh die Nachricht, dass er sich als einziger der 30 000 Berliner Pädagogen über den Deutschen Lehrerpreis 2013 freuen kann. Seit diesem Montag ist es offiziell.

Wie schafft man das? Auf diese Frage gibt es eine direkte und eine indirekte Antwort. Die direkte besteht darin, dass ihn seine ehemaligen Schüler aus dem Leistungskurs Geschichte vorgeschlagen haben. Und dass ihre Begründungen die Jury überzeugten. Da war von einer „fantastischen Lernatmosphäre“ die Rede und davon, dass es „nie eine richtige oder falsche Meinung gab, sondern einzig und allein die Argumente zählten“. Aber auch davon, dass Rauh weder Zeitaufwand noch Mühe scheute, um seine Schüler zu Höchstleistungen anzuspornen und ihre Noten systematisch zu verbessern.

Aber das ist längst nicht alles. „Herr Rauh konnte mit uns lachen und dann trotzdem konzentriert im Unterricht weitermachen“, erzählt der 19-jährige Dustin Stadtkewitz, der der Motor hinter der Bewerbung war. Er hatte bei Rauh über zwei Jahre Geschichtsunterricht und schätzte besonders sein Ritual, jede Stunde mit dem Verweis auf ein aktuelles politisches Thema anzufangen und von da aus die Brücke zum Unterrichtsstoff zu schlagen.

Soweit die direkte Antwort auf die Frage, wie man ein Berliner Lieblingslehrer wird. Die indirekte Antwort führt an den Punkt zurück, an dem Rauh eigentlich gar nicht Lehrer werden wollte, sondern Archivar und an dem er sich sein Studium mit Nachhilfe finanzierte. „Da habe ich gemerkt, dass ich gut erklären kann“, berichtet der gebürtige Pankower. Also schwenkte er auf Lehramt um.

Doch zunächst wollte Berlin ihn nicht - trotz Einserexamens. Da hat er sich in der Bürgersprechstunde bei Eberhard Diepgen beschwert, der damals Regierender Bürgermeister war, aber das hat ihm nicht geholfen, weil es einfach keine freien Stellen für seine Fächerkombination Geschichte, Deutsch, Politikwissenschaft gab. Also wurde wieder gejobbt: Bei der Dekra-Akademie hat er Jugendlichen zum externen Realschulabschluss verholfen, dann bei einem Schulbuch-Verlag im Marketing gearbeitet. Irgendwann kam der rettende Anruf aus Hohenschönhausen: Endlich eine richtige Lehrerstelle, zunächst am Descartes-Gymnasium, ab 2005 am Barnim-Gymnasium.

Aber wie hat er gelernt, guten Unterricht zu machen? „Das Didaktikstudium an der FU war's nicht“, erzählt der jungenhaft wirkende 46-Jährige. Eher der gute Fachseminarleiter während des Referendariats und „eine innere Berufung“.

Die hat Rauh so sehr beflügelt, dass er ein Geschichtsbuch für Oberstufenschüler geschrieben hat. Mit dem „Grundwissen Geschichte“ können sie sich auf eigene Faust den Abiturstoff aneignen. Und dann ist er sogar Mitherausgeber eines offiziellen Berliner Schulbuchs geworden, des „Kursbuchs Geschichte für die Oberstufe“.

„Mein Traum war immer, mit meinem eigenen Geschichtsbuch zu arbeiten“, erzählt Rauh noch, bevor er in die Unterrichtsstunde eines Nachwuchslehrers entschwindet. Denn Referendarausbilder ist er auch. Und ganz nebenbei hat er im Jahr 2011 auch noch die „Schönhausener Schlossgespräche“ initiiert, zu denen er illustre Gäste wie Countertenor Jochen Kowalski, Egon Bahr, Christiane Paul oder Norbert Lammert einlädt. Der nächste Gast ist Schauspielerin Corinna Harfouch, mit der er zusammen Rosa Luxemburgs Liebesbriefe liest.

Ganz ohne Politik geht es eben nicht. Und darum hat Rauh auch noch einen Rat an den Berliner Senat: Kleinere Klassen einrichten! „Dafür würde ich sogar auf eine Gehaltserhöhung verzichten.“ Und worauf würde er noch verzichten wollen und sogar gern? Auf Smartboards: „Ich unterrichte lieber in der Kreidezeit.“

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