zum Hauptinhalt

Marode Schulen: Hitzestau in Berliner Klassenzimmern

Schlechte Dämmung, kaputte Fenster, fehlende Jalousien: In vielen Schulen leiden Schüler und Lehrer in den Sommermonaten unter extremen Temperaturen. Zwei Beispiele aus Charlottenburg und Pankow.

Rüdiger Barney dürfte erleichtert sein, wenn er an diesem Dienstag seine Schule in Charlottenburg betritt: Am Pfingstwochenende war es nur warm, nicht heiß. Die Chancen stehen also gut, dass der Schulleiter der Poelchau-Oberschule nicht gleich wieder Hitzefrei geben muss. So wie nach dem langen Himmelfahrts-Wochenende: „Da habe ich am Montagmorgen um 7 Uhr 33 Grad in den Klassenzimmern gemessen“, sagt Barney. Den Unterricht hat er an jenem Montag gar nicht erst beginnen lassen – sobald die Schüler kamen, schickte Barney sie wieder nach Hause.

33 Grad Celsius um 7 Uhr morgens – das ist zumindest an der Poelchau-Oberschule, der Eliteschule des Sports mit gymnasialer Oberstufe, der bisherige Hitzerekord. Die Schule, an der unter anderem Nachwuchsspieler von Hertha BSC lernen, hat, wie bereits berichtet, ein Problem: Das Gebäude ist asbestverseucht. „Deshalb sind fast überall die Jalousien fixiert oder ganz abgenommen worden“, sagt Barney. Denn beim Hoch- und Runterfahren der Rollos könnte Asbest freigesetzt werden. Folglich sitzen Schüler, Lehrer und Sekretärinnen auf der Südostseite des Gebäudes in der prallen Sonne.

Daran wird sich wohl auch so bald nichts ändern: Erst 2015 soll die Schule auf das Olympiagelände umziehen. Bis dahin müssen sich alle Beteiligten mit dem Zustand des Gebäudes arrangieren – am Donnerstag sprach sich Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) im Abgeordnetenhaus gegen eine Übergangslösung für die Eliteschule, etwa einen Umzug in Container, aus. In der vergangenen Woche ließ Barney trotz Hitze keine Stunden ausfallen. „Dauerhaft Hitzefrei ist ja auch keine Lösung“, sagt er.

Es sind vor allem die schlecht gedämmten und kaum sanierten Schulhäuser aus den 70er- und 80er-Jahren, in denen Schüler und Lehrer im Sommer in der Hitze brüten müssen; im Winter pfeift dafür der Wind durch alle Ritzen. Wie viele Schulen von ähnlich großen Temperaturproblemen betroffen sind wie die Charlottenburger Poelchau-Oberschule, kann die Senatsbildungsverwaltung nicht sagen. Das sei Sache der Bezirke, teilte Sprecherin Beate Stoffers mit.

In Pankow sind es viele Schulen, das gibt Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) unumwunden zu. Viele Pankower Schulen sind in Plattenbauten untergebracht: Diese seien in der DDR so gebaut worden, dass die Klassenzimmer nach Osten zeigen und die Flure nach Westen, damit die Kinder beim Lernen viel Licht haben. Das bedeutet Sonnenschein von morgens bis mittags – bei oft schlechter Dämmung und dürftigem Sonnenschutz. Verschärft werde das Problem durch die steigenden Schülerzahlen im Bezirk, sagt Zürn-Kasztantowicz; alle noch so maroden Schulen müssten deshalb wieder genutzt werden.

Einer dieser Standorte ist das Gebäude der Hufeland-Oberschule in Buch. Bis zum Schuljahr 2007/2008 war in dem Plattenbau an der Walter-Friedrich-Straße das Gauss-Gymnasium untergebracht, das wegen zu geringer Anmeldezahlen schließen musste. Die Hufeland-Schule dagegen, die 1998 als Hauptschule gegründet wurde und seit diesem Schuljahr Sekundarschule ist, wächst – weshalb ein neuer Standort gesucht wurde. 1,455 Millionen Euro wurden in das Gebäude investiert, bevor die Hufeland-Schule im Dezember 2010 einzog – das meiste Geld floss in die Mensa, die Fachräume und den Einbau eines Aufzugs. Für Jalousien war kein Geld übrig.

Deshalb sitzen die Schüler auch in der Hufeland-Schule in der gleißenden Sonne. „Wir können nicht einfach Hitzefrei geben, weil die 7. Klassen im gebundenen Ganztagsbetrieb unterrichtet werden“, sagt Schulleiterin Christel Hildenbrand. Frühestens nach der achten Stunde, um 14.30 Uhr, könne man die Siebtklässler heimschicken.

Ihr Sohn komme häufig mit Kopfschmerzen nach Hause, sagt Elternsprecherin Katrin van Treek, während sie mit Hausmeister Paule Prager durch die Schule führt. „Wir Eltern fragen uns, was die Baufirma hier eigentlich gemacht hat“, sagt die 40-Jährige wütend und zeigt die Fenster, in deren Fugen Schimmel wächst. Weil die Fensterrahmen so morsch sind, dass die Scheiben herausfallen könnten, sind fast alle Fenster verschraubt; in den meisten Klassenzimmern lässt sich nur ein Fenster öffnen, in manchen Räumen gar keines.

Jeden Morgen um 7 Uhr geht Hausmeister Prager mit seinem Thermometer durch das Schulhaus. Mehr kann er nicht tun – und die Lehrer auch nicht. In den Zimmern der 9. Klassen im obersten Stock ist es am heißesten: 26,9 Grad Celsius misst Prager um 10.50 Uhr. In zwei Räumen hängen gelbe Vorhänge – die Lehrer haben sie selbst mitgebracht. In manchen Zimmern klebt Zeitungspapier an den Fensterscheiben.

Für mindestens zwei Etagen der Hufeland-Schule werde es demnächst einen Sonnenschutz geben, versichert Schulstadträtin Zürn-Kasztantowicz. In diesem Schuljahr allerdings nicht mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false