zum Hauptinhalt
Bildungslücken schon in jungen Jahren? Berliner Politiker schlagen aufgrund neuer Zahlen Alarm.

© dpa

Nach Tagesspiegel-Bericht: Politiker geschockt über hohe Wiederholer-Quote bei Zweitklässlern

An manchen Schulen muss dieses Jahr fast die Hälfte der Kinder die zweite Klasse wiederholen – nach den alarmierenden Zahlen, die der Tagesspiegel veröffentlichte, diskutieren Bildungsexperten und Politiker.

Zum einen wird Kritik am Jahrgangsübergreifenden Lernen (JüL) geübt. Außerdem, heißt es, existierten große Defizite in der Sprachförderung von Kindern – zum Teil bereits im Vorschulalter. „Die Einführung von JüL ging extrem dilettantisch vonstatten“, sagt etwa Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus. JüL, bei dem Kinder die erste und zweite Klasse gemeinsam verbringen, sei zwar vom Ansatz her richtig. Die Lehrkräfte seien jedoch nicht auf die besonderen Anforderungen vorbereitet worden. Nun müsse die Weiterentwicklung von JüL gewährleistet werden: „Wir brauchen eine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte.“ Andere Politiker wie etwa Sascha Steuer (CDU) lehnen JüL als flächendeckendes Konzept ab: „Schulen, die JüL machen wollen, können es ja machen.“ Anderen sollte es freigestellt sein, sich dagegen zu entscheiden.

Neben der Umsetzung von JüL liege ein großes Problem in der vorschulischen Bildung, sagte Mieke Senftleben (FDP). Man kenne die Probleme, was beispielsweise sprachliche Defizite angehe, seit Jahren. Dennoch werde kaum etwas getan – und wenn, wie etwa bei Sprachkursen in den Sommerferien, werde nicht evaluiert, ob die Maßnahme den Kindern etwas bringt.

Wo genau die verstärkte Förderung ansetzen sollte, wird unterschiedlich beurteilt. Burkhard Entrup, Vorsitzender des Landeselternausschusses Kita, fordert insbesondere einen verbesserten Übergang von der Kita zur Schule. Das Hortangebot sei nicht ausreichend, Kinder würden teilweise sich selbst überlassen.

Die Schulleiterin der Neuköllner Regenbogen-Grundschule, Heidrun Böhmer, sieht hingegen bereits die Kitas in der Pflicht. Schon dort würden die Kinder nicht ausreichend gefördert. Dass die Probleme an JüL liegen, glaubt Böhmer nicht: 60 Prozent der Kinder, die an der Regenbogen-Schule in Klasse zwei verbleiben müssten, seien sehr jung – früher wären die Kinder noch nicht eingeschult worden. Von den übrigen 40 Prozent seien viele lernbehindert und früher in eigene Klassen gegangen.

Eine Kita-Leiterin aus Neukölln, an deren Kita 90 Prozent der Kinder nicht-deutscher Herkunft sind, sagte, sie setze das Berliner Bildungsprogramm um. Die Erzieher hätten das nötige Rüstzeug. Viele Kinder seien sehr aufgeweckt und wissbegierig. Dennoch: „Wir schaffen es nicht, den Kindern ausreichend Deutsch beizubringen.“ Eine umfangreiche Sprachförderung schon im Kita-Alter sei nötig. Eine Kooperation von Fachleuten und Erziehern will auch Mieke Senftleben, um Kinder in Motorik, Entwicklung und Sprache ausreichend zu fördern. Nur so könne der Schulstart auch gelingen.

Vonseiten der Senatsbildungsverwaltung hieß es gestern: „Die zentralen Elemente der Schulanfangsphase begründen eine individuelle Verweildauer der Kinder.“ Dazu gehörten etwa die frühere Einschulung und die Aufnahme aller Kinder. Jedes Kind gehe beim Lernen seinen eigenen Weg und benötige dafür Zeit und passende Angebote. Nichtsdestotrotz gebe die hohe Anzahl an länger verweilenden Kindern Anlass, die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität zu forcieren.

Berlin sei mit dem Kita-Bildungsprogramm außerdem weiter als andere Bundesländer. „Die frühere Einschulung, durch die alle Kinder erreicht werden, ist auch eine Reaktion auf die großen Herausforderungen, vor denen das Berliner Bildungssystem bei der Sprachförderung steht.“ Die Aufgaben zur Sprachförderung seien damit noch stärker in die Schulen gewandert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false