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Wie die Großen. Der zehn Jahre alte Omar beim Filmdreh.

© Stephanie Tiedemann

Nachmittagsangebote: Die Freizeit-Profis

Modedesign, Theater, Fische sezieren: Ehrenamtliche bringen Nachmittagsprojekte an die Richard-Grundschule in Neukölln.

Die zehnjährige Hacer ist neuerdings im Freizeit-Stress: Im Knowledge Club der Neuköllner Richard-Grundschule kann die Schülerin unter mehr als zehn Nachmittagsangeboten wählen. Modedesign, Theater, Fische sezieren – plus zweimal pro Woche Hausaufgabenbetreuung für alle Fächer. Fast jeden Tag ist Hacer beschäftigt, nur den Freitagnachmittag nimmt sich das Mädchen ganz frei.

Der Knowledge Club ist ein Förderprojekt des Vereins Bildung ohne Grenzen, der in Hamburg schon seit sechs Jahren ehrenamtlich und gratis Nachmittagsangebote organisiert. Ziel ist, Kindern aus benachteiligten Vierteln zu helfen, ihre Talente zu entdecken. Die Berliner Pädagogin Anna Vatankhah hat den Knowledge Club, der in Berlin von der RWE-Stiftung, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gefördert wird, nun an die Richard-Grundschule gebracht.

Bei den ersten Telefonaten mit Berliner Schulen sei es schwierig gewesen, die Schulleiter von der neuen Idee zu überzeugen, sagt Vatankhah. Die Leiterin der Richard-Grundschule, Marita Stolt, wollte das Projekt aber unbedingt haben. Vor einem Jahr wurde deshalb eine große Ideenwerkstatt veranstaltet, bei der sich 120 Schüler, Lehrer und Eltern gemeinsam Angebote ausdachten.

Nun organisieren rund 40 Ehrenamtliche die wöchentlichen Arbeitsgruppen, die meisten davon sind Studierende und Promovierende aus dem Kiez, die Vatankhah für das Projekt begeistern konnte und die sich nun am Nachmittag für die Kinder Zeit nehmen. Die Kurse richten sich vor allem an Viert- und Fünftklässler, pro Gruppe sind zwischen sechs und zehn Kinder dabei. Sie sollen so weit wie möglich in alle Arbeitsschritte einbezogen werden: So näht etwa die AG Modedesign nicht nur selbst Handytaschen, sondern war auch zusammen beim Markt am Maybachufer, um für wenig Geld Stoffe auszusuchen. Ganz toll und etwas Besonderes, sagt der zehn Jahre alte Omar, sei auch ein Wochenende mit einem professionellen Filmteam gewesen, an dem ein Neukölln- Krimi entstand, den die Kinder nun gemeinsam ansehen können.

Schulleiterin Marita Stolt sagt, dass sich die Kinder durch die Nachmittagsangebote an der Schule wohler und ernst genommen fühlen. „Durch zuverlässige Rituale bekommen die Tage der Kinder Struktur“, sagt sie. Da viele AGs von „flippigen Studenten“ geleitet werden, hätten die Kinder auch mal andere als nur die gewohnten Ansprechpartner.

Weil die Angebote so gut angenommen werden, sind schon neue Gruppen in Planung: Als nächstes soll es Gitarrenkurse und eine Umwelt-AG geben – und ein Architekt will mit den Kindern eine Schülerbibliothek bauen. Katharina Ludwig

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