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Schule: Neues Leben für alte Cabrios

Wer ein altes Open-Air-Auto restaurieren will, muss meist viel Zeit und Geld investieren

Den klassischen „Scheunenfund“ gibt es wahrscheinlich nur noch beim Stammtischgespräch unter Oldtimerfans. Doch auch wenn in verstaubten Garagen und vergessenen Heuschobern kaum mehr echte Raritäten zu finden sind, haben abgetakelte Oldtimer Hochkonjunktur. Gerade zu Beginn des Frühjahrs suchen zahlreiche Enthusiasten nach ausrangierten Cabrios, die sie wiederbeleben wollen. „Doch wer ein Open-Air-Modell aus dem Tiefschlaf erwecken will, ist meist auf die Hilfe von Experten angewiesen“, sagt Fachbuchautor Hans-Rüdiger Etzold.

Schon vor dem Beginn der Arbeiten rät Etzold zum Besuch beim Fachmann: „Natürlich können sie selbst ausprobieren, ob das Verdeck noch funktioniert“, räumt der Experte ein. Doch meist könne nur ein professioneller Gutachter einschätzen, ob sich die Arbeit tatsächlich lohnt. „Denn dort erfahren Sie, wie viel Arbeit Sie bei der Karosserie, beim Fahrwerk und beim Motor zu erwarten haben.“ Hans-Georg Marmitt, Pressesprecher der Sachverständigenvereinigung KÜS in Losheim am See (Saarland), weist darauf hin, dass viele Sachverständige genau für solche Fälle ein spezielles Oldtimergutachten anbieten. „Wer darauf verzichtet und sich Hals über Kopf in einen Schrotthaufen verliebt, für den kann die Arbeit schnell zu einer teuren und langwierigen Lebensaufgabe werden.“

Doch ganz so hoffnungslos ist der Aufbau eines alten Cabrios in der Regel nicht, geben die Experten Entwarnung. „Wer sich vorher mit alten Plänen, Fachliteratur und Reparaturanleitungen eindeckt, der kann sicher auch ein paar schöne Erfolgserlebnisse genießen“, sagt Marmitt. Dabei gilt laut Etzold: „Je älter das Fahrzeug, desto mehr kann der Käufer daran in der Regel selber reparieren und restaurieren.“ Denn früher war die Technik einfach und leicht verständlich.

Aber wie bei geschlossenen Autos gilt erst recht bei Cabrios, dass Karosseriearbeiten für Laien tabu sein sollten. Auch vom Verdeck sollte der Hobby-Restaurateur die Finger lassen: Wer selbst am Gestänge herumdoktert oder gar für ein neues Verdeck die eigene Nähmaschine anwirft, riskiert, dass sich der Wagen später kaum öffnen oder schließen lässt.

Stattdessen verweisen Etzold und Marmitt in solchen Fällen gleichermaßen auf Oldtimerwerkstätten oder Autosattler. Wem das alles zu mühsam und zu aufwändig ist, der kann sein Cabrio auch komplett in fremde Hände geben. In Fachmagazinen werben immer wieder Unternehmen, die sich auf den Wiederaufbau betagter Cabrios und Roadster verschiedener Marken spezialisiert haben. Wie gründlich sie dabei mitunter vorgehen, zeigt das Beispiel der Firma „Feine Cabrios“ in Reichertshofen. Das Unternehmen hat sich laut Inhaber Georg Memminger auf die Rekonstruktion des Käfer Cabriolets spezialisiert und bringt pro Jahr knapp 20 Autos auf die Straße, deren Zustand laut Memminger „besser ist als beim Original“. Denn vom Spenderfahrzeug übernehmen die Bayern kaum ein Teil. Lediglich der Scheibenrahmen samt der Aufnahme für das Armaturenbrett, die Tankauflage sowie den Tunnel der Bodengruppe, auf dem die Fahrgestellnummer eingeschlagen ist, bekommen eine zweite Chance. Alle anderen Blechteile werden aus dem Ersatzteillager des Unternehmens geholt oder völlig neu hergestellt. Allerdings hat das Vergnügen auch seinen Preis: Wer einen ausgedienten Käfer mitbringt, muss rund 33 000 Euro kalkulieren. Ohne Fahrzeug verlangt „Feine Cabrios“ 35 000 Euro.

Doch ganz egal, ob das automobile Dornröschen nun in Eigenregie oder mit fremder Hilfe aus dem Tiefschlaf geweckt wird – vor der ersten Ausfahrt stehen nicht nur viele Arbeitsstunden, sondern auch ein paar Behördengänge an. „Wenn das Auto länger als 18 Monate stillgelegt war, ist die Betriebserlaubnis erloschen und muss bei einem amtlich anerkannten Sachverständigen neu erteilt werden“, erklärt Marmitt. Erst wer dort einen neuen Fahrzeugbrief bestellt hat, kann den Wagen bei der Zulassungsstelle vorführen.

Thomas Geiger[dpa]

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