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Schule: Null Tote im Verkehr: Nur eine Vision?

Verkehrsclub VCD diskutierte Sicherheit

Verkehrstote sind vermeidbar. Trotzdem starben im vergangenen Jahr 5 361 Menschen auf deutschen Straßen. 440 000 wurden verletzt. Jeder Fall eine persönliche Tragödie. „Im Arbeitsleben, beim Flug- oder Bahnverkehr würden wir solche Opferzahlen niemals tolerieren“, sagt Daniel Kluge, Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Dass es auch anders geht, zeigen Schweden, Großbritannien, die Niederlande oder die Schweiz. Sie setzen das Konzept „Vision Zero – Null Verkehrstote“ mit Erfolg um; jedes dieser Länder hat bezogen auf die Einwohnerzahl weniger Verkehrstote als Deutschland.

Was muss sich bei uns im Straßenverkehr ändern, damit Menschen nicht mehr tödlich oder schwer verletzt werden? Ist das überhaupt realisierbar? Darüber diskutierte der VCD am Donnerstag in Berlin mit Verkehrspsychologen, Sicherheitsexperten, Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, Fachleuten aus Politik, Polizei und europäischen Nachbarländern.

Der Grundgedanke des Konzeptes: Menschen machen Fehler. Deshalb muss der Verkehr dem Menschen angepasst werden. Ein logischer Gedanke, der aber nicht selbstverständlich ist. „In der Verkehrsplanung und -politik spielen oft andere Ziele eine Rolle; Effizienz, flüssiger Verkehr, die Freiheit des Autofahrers“, sagt Thomas Kirpal, Verkehrssicherheitsexperte des VCD. „Dabei kann man den Verkehr so sicher machen, das menschliches Versagen keine tödlichen Konsequenzen hat.“ Dafür fordert der VCD eher unpopuläre Maßnahmen: Tempolimits, null Promille am Steuer, mehr Verkehrskontrollen, angemessene Bestrafung.

Zur Vision Zero gehört die systematische Analyse von Unfällen mit Toten oder Verletzten. Die vier Komponenten des Verkehrs (Straße, Fahrzeug, Gesetze und Mensch) sollen so zusammenspielen, dass das Unfallrisiko so gering wie möglich ist. So fordert der VCD, Radwege als Schutz vor Abbiegeunfällen gut einsehbar auszubauen, Unfallschwerpunkte baulich zu entschärfen, auch preiswerte Fahrzeuge mit Sicherheitstechnik auszustatten und Fahrer besser auszubilden.

Der VCD betrachtet sich als ökologische Alternative zum ADAC. 63 000 Mitglieder setzen sich für die Ziele des Clubs ein: ein gutes Bus- und Bahnangebot, mehr Platz für Fahrräder, spritsparende Autos, mehr Sicherheit für Kinder. Da passt die Vision Zero genau ins Programm. Sogar die Mobilindustrie verschließt sich der Idee nicht. „Die Unternehmen sind aber zwiespältig. Daimler-Chrysler unterstützt die Kampagne, glaubt aber, das Problem allein durch mehr Sicherheitstechnik lösen zu können“, so Bernhard Schlag, Verkehrspsychologe an der TU Dresden.

Die Idee der Vision Zero stammt aus dem Arbeitsschutz und wurde schon vor mehr als 100 Jahren in der Chemieindustrie eingeführt. Niemand sollte bei seiner Tätigkeit dem Risiko ausgesetzt werden, getötet oder verletzt zu werden. Mitte der Neunzigerjahre übertrugen die Schweden als Erste dieses Konzept auf den Straßenverkehr.

Berlin bekommt vom VCD relativ gute Noten. „Es gibt etliche Tempo-30-Zonen, 60 neue Zebra-Streifen sind geplant, und einige Radwege sind schon vorbildlich“, so Kirpal. Dazu habe wesentlich Berlins neues Verkehrssicherheitskonzept beigetragen, zu dem auch Verkehrserziehung in Kitas und Schulen gehört. Ein Kritikpunkt bleibt: „Da die Bezirke verantwortlich sind, ist die Situation sehr unterschiedlich.“ Das Ziel des Senats: Bis zum Jahr 2010 soll die Zahl der Verkehrstoten in der Stadt um 30 Prozent gesenkt werden.

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